Abwasser

Wie Pflanzenkläranlagen Abwasser filtern

Die naturnahen Kleinanlagen bieten eine sehr überzeugende Reinigungsleistung. Außerdem brauchen sie keine Energie und wenig Pflege. Ob sie auch Arzneimittel-Reste herausfiltern können, wird derzeit untersucht.
17.11.2023

Eine Pflanzenkläranlage im bayerischen Eggenthal.

Hohes Schilf, dichte Pflanzen, bei genauem Hinschauen ist dazwischen etwas Wasser zu erkennen – eigentlich sieht es aus wie große zugewachsene Teiche. Doch der Geruch ist zeitweise ungewöhnlich. Kein Wunder, denn die mit Schilf bewachsenen Becken in der kleinen unterfränkischen Gemeinde Theres (Landkreis Haßberge) bei Schweinfurt sind eine Kläranlage, genauer gesagt eine Pflanzenkläranlage.

Bei Pflanzenkläranlagen wird das Abwasser in Becken mit Kies und Sand geleitet, die mit Pflanzen wie Schilfrohr bepflanzt sind. Feststoffe wie Kot werden in der Regel in einer Vorklärung entfernt, zum Beispiel indem sie sich in einem sogenannten Absetzteich absetzen. Gereinigt wird das Wasser durch ein Zusammenspiel von Pflanzen, Bodenmaterialien, Luft und vor allem Mikroorganismen. Oft gibt es mehrere Becken, wobei nie alle gleichzeitig betrieben werden, damit sich die Biologie in den Ruhephasen wieder mineralisieren kann.

Nachfrage steigt

Experten sprechen statt von Pflanzenkläranlagen eher von bepflanzten Bodenfiltern. «Die Reinigung kommt gar nicht wie man gemeinhin denkt von den Pflanzen, sondern von den Mikroorganismen», sagt Roland Müller, der beim Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) lange zu den naturnahen Kläranlagen geforscht hat. Die Pflanzen sorgen vielmehr dafür, dass sich der reinigende Biofilm bilden kann. Ist das Wasser wieder sauber, kann es zum Beispiel in den nächstgelegenen Bach geleitet werden oder einfach versickern.

Müller hat den Eindruck, dass die Anlagen immer mehr nachgefragt werden. Nicht nur wegen des ökologischen Images, sondern auch weil sie geringe Betriebskosten haben. Pflanzenkläranlagen haben verschiedene Vorteile. Laut der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft (DWA) brauchen sie wenig Energie, es fällt weniger Klärschlamm an und die Pflanzen verbessern das Kleinklima. Die Anlage in Theres kommt ganz ohne Strom aus. Auch Personal ist wenig nötig.

In Ökodörfern und auf Campingplätzen

Pflanzenkläranlagen finden sich daher nicht nur bei Befürwortern ökologischer Lebensweise, wie im Ökodorf Sieben Linden in Sachsen-Anhalt, sondern auch in ländlichen Siedlungen ohne Anschluss an größere Abwassersysteme wie in Theres oder auf manchen Campingplätzen.

Die meisten Anlagen sind eher klein und reinigen nur das Abwasser von bis zu 50 Einwohnern. Aber möglich ist auch mehr. Im Ausland gibt es sogar Anlagen im großen Stil, sagt Müller. «Die wohl weltweit größte mit mehreren Hundert Hektar steht im Oman.» Dort reinigt sie belastetes Wasser aus der Erdölgewinnung.

So gut wie eine technische Anlage

«Bei Anlagen der Größenklasse 1 können Pflanzenkläranlagen genauso gut reinigen wie eine technische Anlage», sagt Stockbauer. Größenklasse 1 entspricht bis zu 1000 Einwohnerwerten. Auch Arzneimittelrückstände ließen sich laut Stockbauer eventuell mit Pflanzenkläranlagen in Kombination mit Aktivkohle herausbekommen.

Inwiefern Kläranlagen mit einer sogenannten Vierten Reinigungsstufe für Stoffe wie Arzneimittel ausgestattet werden müssen, wird derzeit in der EU beraten. Während es beim Umweltbundesamt noch Skepsis gibt, ob Pflanzenkläranlagen solche Mikrostoffe schaffen, ist Forscher Müller optimistisch. «Manche Bakterien können auch exotische Sachen knacken.»

Die Nachteile der Anlagen

Aber bepflanzte Bodenfilter haben auch Nachteile: Sie brauchen relativ viel Platz – wobei neuere platzsparender geworden sind, das Wasser bleibt lange in den Becken und schwankende Wassermengen sind schwierig.

«Außerdem kann man bei den naturnahen Anlagen weniger eingreifen und zum Beispiel die Belüftung ändern», sagt Stockbauer. Darüber hinaus sollten Menschen nur biologisch-abbaubare Körperpflege- und Reinigungsmittel verwenden, wenn das Wasser in eine Pflanzenkläranlage soll. (dpa/hp)