Gas

Wasserstoff-Hochlauf: Verbände fordern mehr Tempo bei der Kraftwerksstrategie

Das geplante H2-Kernnetz sei ein wichtiger Schritt, um bei dem Thema voranzukommen. Aber die Bundesregierung sei zu langsam. Zudem müssten wichtige Gesetze nachgebessert werden.
27.06.2024

Haben gemeinsame Ideen für die Transformation der Gasversorgung erarbeitet: Timm Kehler (Zukunft Gas), Kirsten Westphal (BDEW) und Prof. Dr. Gerald Linke (DVGW) (v.l.)

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) und Zukunft Gas fordern mehr politischen Rückenwind für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und den Umstieg auf grüne Gase. Die Hängepartie bei der Kraftwerksstrategie müsse bald ein Ende haben, hieß es bei einem gemeinsamen Pressegespräch der Verbände.Die weitere Ausgestaltung und vor allem ein klarer Rahmen, wie die zunächst geplante Kapazität von 10 GW H2-ready-Gaskraftwerke finanziert werden sollen, seien dringend nötig. Sonst bestehe die Gefahr, dass Kohlekraftwerke länger laufen müssen als geplant, um eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten. Zudem sind sowohl H2-ready-Gaskraftwerke als auch H2-ready-KWK-Anlagen sichere Abnehmer für Wasserstoff und damit entscheidend für den Wasserstoffhochlauf.

Die Bundesregierung müsse zudem eine Wasserstoff-Speicherstrategie vorlegen, mahnte Kerstin Westphal für den BDEW an. Was die Versorgung mit Wasserstoff und den Aufbau der Versorgung mit Wasserstoff angehe, befinde man sich erst „am Anfang der Initialphase“, führte sie aus. Was es nun brauche, sei eine Skalierung. Das gehe nicht ohne Vertrauen und einen klaren politischen Willen. „Speicherfähige neue Gase und erneuerbaren Strom braucht es für die resiliente Transformation und ein klimaneutrales Energiesystem. Umso wichtiger ist, dass der Bau von flexiblen H2-ready-Kraftwerken mit der angekündigten Kraftwerksstrategie angereizt wird, aber auch Speichermöglichkeiten aufgebaut werden.“

Erste wichtige Schritte gemacht

Einig waren sich die Verbände darin, dass man mit dem Entschluss für das H2-Kernnetz und dem Start der Klimaschutzverträge für die Industrie einiges erreicht habe. Die Verträge würden Kostennachteile ausgleichen und Preisrisiken absichern. Dadurch werde ein stabiler und planbarer Absatz von Wasserstoff ermöglicht.

DVGW-Chef Gerald Linke forderte einmal mehr, die Verteilnetze stärker in den Blick zu nehmen. Mit dem Kernnetz alleine sei es nicht getan, die Industrie hänge an den Verteilnetzen. Angesichts der hohen Zahl der Verteilnetzbetreiber brauche es mehr Koordinierung. „Man muss für ganze Regionen planen“, so Linke.

Gesetze nicht aufeinander abgestimmt

Ein Dorn im Auge ist dem Verbandschef, dass die Vorgaben im Energiewirtschaftsgesetz und die im Wärmeplanungsgesetz nicht synchron seien. „Die vorgegebenen Zeithorizonte passen einfach nicht zusammen“, moniert er. Das werde in der Umsetzung noch zu Problemen führen. Es gebe „massive handwerkliche Fehler“ in den einschlägigen Gesetzen. Es könne nicht sein, dass die Verteilnetzbetreiber den Kopf hinhalten müssen, für etwas, das sie selbst nicht beeinflussen können“, gab Linke zu bedenken. Schließlich hätten sie es nicht in der Hand, ob der für die Wärmewende benötigte Wasserstoff dann auch zu bezahlbaren Preisen und in ausreichenden Mengen geliefert werde.

Für Zukunft Gas zeigte sich Timm Kehler optimistisch, dass man die Transformation am Ende schaffen werde. Allerdings brauche man passgenaue Systeme, die den Handel mit Wasserstoff und anderen „neuen“ Gasen ermöglichen. „Überzogene Kriterien“ etwa bei der Farbe des Wasserstoffs würden zu höheren Preisen führen, gab Kehler zu bedenken. Zugleich mahnte er an, nicht nur Wasserstoff in der reinen Form in den Blick zu nehmen, sondern etwa auch Ammoniak. Auch Biomethan, das unter anderem aus der Ukraine kommen könnte, sei eine vielversprechende Option. Kehler ärgert sich allerdings über diverse Importrestriktionen, die die Politik dringend abbauen müsse. (amo)