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IAB: Längere Elternzeiten sind für Betriebe verkraftbar

Die Einführung des Elterngeldes im Jahr 2007 hat insbesondere bei jungen Frauen zu längeren Auszeiten geführt. Eine aktuellen Studie hat die Auswirkungen untersucht.
24.07.2024

Empirisch gibt es keinen Hinweis darauf, dass die Einführung des Elterngeldes negative Konsequenzen für die Beschäftigungsaussichten junger Frauen hatte.

Einer der häufigsten Gründe für längere Abwesenheiten vom Arbeitsplatz sind Elternzeiten nach der Geburt von Kindern. Diese können Herausforderungen für Betriebe mit sich bringen, da dadurch Beschäftigungslücken entstehen. Um sie zu füllen, könnten Arbeitgeber neues Personal einstellen, die Arbeitszeit von anderen Beschäftigten erhöhen oder versuchen, deren Ausscheiden aus dem Betrieb zu reduzieren.

Jede dieser Maßnahmen erfordert von den Unternehmen organisatorische Anpassungen und ist mit entsprechenden Kosten verbunden. In vielen Ländern werden diese möglichen Kosten als Argument gegen großzügigere Elternzeitregelungen angeführt. Vor diesem Hintergrund hat ein Forscherteam des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) untersucht, wie sich längere Elternzeiten von Müttern auf kleine und mittelgroße Betriebe in Deutschland auswirkten. 

Erhebliche finanzielle Verbesserung

Das Elterngeld ab 2007 löste das Erziehungsgeld ab, das sich auf 300 Euro pro Monat belief und insbesondere Haushalten mit geringeren Einkommen bis zu 24 Monate gewährt wurde.

Ein Sprung nach vorn: Das Elterngeld beträgt je nach vorherigem Einkommen 300 Euro bis 1800 Euro monatlich. Damit profitieren vor allem auch Eltern mit höherem Einkommen von der Reform. Für viele war die Einführung eine der wichtigsten familienpolitischen Maßnahmen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern.

Neueinstellungen als Kompensation

Doch wie kompensieren die Unternehmen diesen temporären Verlust von Arbeitskraft, Wissen und Kompetenz? Im Durchschnitt wird gut ein Drittel aller aufgrund von Elternzeit ausscheidenden Mütter durch neu eingestelltes Personal ersetzt (39 Prozent), davon der größere Teil (31 Prozent) durch Beschäftigte, die im gleichen Beruf arbeiten. 

Die Ausfälle werden also nur zum Teil durch Neueinstellungen ausgeglichen. Der Anstieg ist umso größer, je weniger andere Beschäftigte im Betrieb den gleichen Beruf ausgeübt haben, also die Arbeit der betroffenen Mütter übernehmen konnten.

Auffällig ist, dass viele Elternzeitvertretungen deutlich länger im Betrieb bleiben, als es der Abwesenheitsvertretung entspräche. Die Wahrscheinlichkeit, länger als zwölf Monate im Betrieb zu bleiben, ist bei ihnen genauso hoch wie bei anderen Neueingestellten. Demnach finden Elternzeitvertretungen in vielen Fällen einen Weg in eine längere oder sogar dauerhafte Beschäftigung.

Späte Rückkehr

Mit der Einführung des Elterngeldes hat sich die Rückkehr von Müttern in ihren Betrieb um einige Monate verzögert. Während unter den Regelungen des Erziehungsgeldes etwa 40 Prozent der Mütter innerhalb von zwölf Monaten in den Betrieb zurückkehrten, waren es nach Einführung des Elterngeldes nur 20 Prozent.

Die längere Erwerbsunterbrechung wirkte sich jedoch nicht negativ auf die weiteren Erwerbsverläufe der Mütter aus. Nach 14 Monaten, also dem Ende der maximalen Bezugszeit des Elterngeldes, bestanden bei Müttern, die vor oder nach der Einführung des Elterngeldes Kinder bekommen hatten, praktisch keine Unterschiede mehr bezüglich des Anteils derer, die in ihren alten Betrieb zurückkehrten. 

Betriebe nur vorübergehend betroffen

Die Gesamtzahl der Beschäftigten in den betroffenen Betrieben ging derweil im ersten Jahr nach der Geburt um drei Prozent zurück. Dieser Effekt ist jedoch nur vorübergehend. Mittel- und langfristig hat die Elterngeldeinführung keine Effekte auf die Beschäftigung in den betroffenen Betrieben. Zugleich gibt es keine Evidenz dafür, dass etwa kleine Betriebe, die von elternzeitbedingten Personalausfällen betroffen sind, ihre Geschäftstätigkeit häufiger einstellen als nicht betroffene Betriebe.

Die Auswirkungen längerer Elternzeiten infolge der Einführung des Elterngeldes konzentrieren sich für die Betriebe somit auf das erste Jahr nach der Geburt, entsprechend der maximalen Bezugsdauer des Elterngeldes. In diesem Zeitraum wurde die entstandene Beschäftigungslücke nur teilweise geschlossen.

Gleiche Einstellungschancen junger Frauen

Wenn aber Betriebe längere elternzeitbedingte Abwesenheiten nur teilweise kompensieren, könnten Betriebe geneigt sein, seltener junge Frauen einzustellen oder sie nur zu niedrigeren Löhnen zu beschäftigen. Dabei ist es für die Entscheidung der Betriebe irrelevant, ob diese jungen Frauen tatsächlich später Kinder bekommen oder nicht.

Empirisch gibt es allerdings keinen Hinweis darauf, dass die Einführung des Elterngeldes negative Konsequenzen für die Beschäftigungsaussichten junger Frauen hatte. In den Betrieben haben sich weder die Zahl der Neueinstellungen, der Anteil der jungen Frauen daran, noch die Löhne verändert, zu denen junge Frauen eingestellt werden.

Die von manchen geäußerte Befürchtung, dass das Elterngeld zu übermäßigen Belastungen der Betriebe und negativen Folgen für junge Frauen am Arbeitsmarkt führen würde, haben sich also im Großen und Ganzen nicht bewahrheitet. (bs)