Karriere

Onboarding in Remote-Teams

In einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt, in der flexible Arbeitsmodelle immer mehr gefragt sind, stehen Unternehmen vor großen Herausforderungen beim Onboarding neuer Mitarbeiter.
15.05.2024

Digitales Arbeiten ist inzwischen Normalität. Auch Onboarding-Prozesse müssen diesem Trend nun folgen.

  • Teresa Stockmeyer, Expertin für Teamentwicklung

Ein Gastbeitrag von Teresa Stockmeyer, Trainerin und Beraterin für Teamentwicklung. Die Kommunikationswissenschaftlerin, Soziologin und Marketingbetriebswirtin hat sich auf die Gestaltung und Optimierung von hybriden und Remote-Arbeitsumgebungen spezialisiert.

Laut einer Studie von Haufe kündigen circa 21 Prozent der neuen Mitarbeiter im ersten Jahr aufgrund schlechter oder fehlender Onboarding-Prozesse. Besonders in Remote-Teams, wo direkter Kontakt begrenzt ist, gestaltet sich der Einstieg schwierig. Wie kann man also neue Teammitglieder auch aus der Ferne erfolgreich einarbeiten?

Motivation und Integration vor dem ersten Tag



Ein effektives Onboarding beginnt idealerweise zwei Wochen vor dem ersten Arbeitstag – egal ob der neue Kollege im Büro startet oder aus dem Home Office. Bereits in der Phase vor dem offiziellen Arbeitsbeginn ist eine proaktive Herangehensweise entscheidend. Neue Mitarbeiter sollten sich willkommen und wertgeschätzt fühlen. Eine Serie von Begrüßungsmails, ergänzt durch kurze Videobotschaften des Teams oder der Führungskraft, kann die emotionale Bindung zum Unternehmen schon vor Vertragsbeginn stärken.

Diese regelmäßigen und persönlichen Kontakte erhöhen zudem nachweislich die Motivation der neuen Kollegen. Zugang zu allen notwendigen Ressourcen und erste Kontakte zu Teammitgliedern schaffen eine solide Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und verkürzen die Einarbeitungszeit. So fühlen sich neue Mitarbeiter schneller als Teil des Teams.

Fünf Sofort-Maßnahmen für die ersten Wochen

  • Onboarding-Buddies: Die Zuweisung eines erfahrenen Kollegen als Mentor oder Pate erleichtert Neuankömmlingen den Einstieg enorm. Dies sollte besonders in Hybrid- und Remote-Arbeitsumgebungen ein Onboarding-Baustein sein, da der Kontakt und Austausch in der Büro-Küche wegfällt. Paten und Mentoren vernetzen die “Newbies” mit Kollegen aus anderen Abteilungen und bieten Unterstützung sowie Orientierung – besonders in den ersten Wochen. Mentorenprogramme haben einen weiteren Vorteil: Sie helfen dabei die Generationslücke zu überbrücken.
     
  • Team-Wikis: Ein zentral zugängliches, digitales Nachschlagewerk, in dem Arbeitsweisen, Prozesse, Tools und Unternehmenswerte erklärt werden, bietet neuen Mitarbeitern die Möglichkeit, sich eigenständig einzuarbeiten und in Onboarding- und Kennenlern-Meetings fundierte(re) Fragen zu stellen. Selbstständiges Lernen wird so von Anfang an gefördert. Auch das Teilen von Unternehmenspräsentationen, wie z. B. Roadmaps, Produktbeschreibungen und Wettbewerbsanalysen können im Team-Wiki hinterlegt werden.
     

  • Fester Onboarding-Zeitplan: Ein strukturierter Zeitplan für die ersten zwei bis vier Wochen mit einer ausgewogenen Mischung aus Meetings und Zeiten für eigenständiges Lernen hilft neuen Mitarbeitern, sich zu orientieren. Er reduziert gleichzeitig das Gefühl der Überforderung, und die übrigen Teammitglieder wissen im Voraus, wann sie Zeit für die Einarbeitung der/des neuen Kollegen einplanen müssen.
     

  • Tägliche Team-Meetings: Kurze Dailys bzw. Team-Huddles sind das “Öl im Teamgetriebe”. Sie verbessern die Kommunikation und fördern den Teamgeist. Sie helfen neuen Mitarbeitern, sich als Teil des Teams zu fühlen, und tragen dazu bei, dass sie schneller mit eigenen Aufgaben betraut und in laufende Projekte eingebunden werden können.
     

  • Regelmäßige Feedbackgespräche: In den ersten Wochen sind wöchentliche Feedbackgespräche sinnvoll. Sie fördern die Integration und zeigen Entwicklungsmöglichkeiten auf. Es hilft außerdem zu erfragen, ob der neue Mitarbeitende alles hat, was er oder sie benötigt, und bei Bedarf Unterstützung anzubieten. Diese Gespräche sind die Grundlage für eine offene Kommunikationskultur.

Homeoffice und mobiles Arbeiten weiter beliebt

Eine aktuell veröffentlichte Befragung des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von Continental zeigt, dass 20 Prozent der Büroangestellten in Deutschland komplett im Homeoffice arbeiten und weitere 50 Prozent zwischen zwei und drei Tagen im Homeoffice sind. Das Thema Onboarding in Hybrid- und Remote-Arbeitsumgebungen ist damit aktueller denn je.

Unternehmen sollten ihre Prozesse daher regelmäßig unter die Lupe nehmen und z. B. neue Mitarbeiter zu ihren Onboarding-Erfahrungen befragen, um Verbesserungspotenzial zu identifizieren. Grundsätzlich ist es entscheidend, nicht nur in die technische Ausstattung zu investieren, sondern frühzeitig auch in den Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen und den Zugang zu vorhandenem Wissen, um eine starke und resiliente Unternehmenskultur zu fördern.

Onboarding-Prozesse als Teil der Recruiting-Strategie begreifen

Effektive Onboarding-Programme sind entscheidend für die Mitarbeiterbindung und Leistungsoptimierung. Dennoch zeigen zahlreiche Studien, dass Unternehmen viel Nachholbedarf haben. Führungskräfte und HR-Abteilungen sollten daher ihre Onboarding-Prozesse kritisch überprüfen und kontinuierlich verbessern. Sie sollten nach Möglichkeit in die Recruiting-Maßnahmen integriert werden. Über ein Drittel der Kandidaten informiert sich bereits vor der Bewerbung über die Onboarding-Praktiken potenzieller Arbeitgeber.

Die positiven Effekte eines gut strukturierten Onboarding-Prozesses sind vielfältig. Neben einer gesteigerten Mitarbeiterzufriedenheit und Produktivität, zeigen Studien, dass systematische Onboarding-Initiativen die Mitarbeiterbindung steigern und die Zeit bis zur vollen Produktivität um 34 Prozent reduzieren können. Motivierte und zufriedene Mitarbeiter wechseln außerdem viel seltener ihren Arbeitgeber. (hb)