Karriere

Workation im Arbeitsrecht

Mit dem Siegeszug des Homeoffice wird auch das Arbeiten im Ausland immer beliebter. Arbeitgeber müssen aber eine Reihe von Vorschriften beachten. Ein Gastbeitrag von Nicole Elert und Iris Brandes.
08.12.2023

Für acht von zehn Beschäftigten unter 40 Jahren ist mobiles Arbeiten im Ausland bei der Jobwahl bereits ein wichtiges Kriterium.

Die Corona-Pandemie hat es deutlich gezeigt: Ohne Homeoffice und mobiles Arbeiten in und außerhalb von Deutschland geht es in vielen Bereichen nicht mehr. Die Erwartungshaltung der Mitarbeitenden sind heute klar definiert: bedarfsorientierte Gestaltung zum Beispiel der Schulsommerferien als Kombination von Arbeits- und Urlaubszeit.

Für acht von zehn Beschäftigten unter 40 Jahren ist mobiles Arbeiten im Ausland bei der Jobwahl bereits ein wichtiges Kriterium. Regularien und rechtliche Komplexität erschweren Unternehmen jedoch oftmals die bedarfsgerechte und unkomplizierte Umsetzung von Workation.

Was sind die Herausforderungen?

Bei Workation findet Work (Arbeit) und Vacation (Urlaub) in Kombination statt. Üblicherweise legen Arbeitsverträge allerdings einen Arbeitsort in Deutschland fest. Dies bedeutet, dass Unternehmen die Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten, nicht gewähren müssen.

Um konkurrenzfähig zu bleiben, sollte dies aber ermöglicht werden. Dann sollte zwingend eine Regelung getroffen werden, ob und inwieweit die Mitarbeitenden ihren Arbeitsort frei wählen können. Schon mit einer solchen Regelung sind zumindest die zwingenden Vorgaben des lokalen Rechts im Ausland einzuhalten.

  • Nicole Elert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin der PricewaterhouseCoopers GmbH WPG

Einhaltung lokaler Feiertage

Während dies bei Mindestlohn und Höchstarbeitszeiten vielfach unproblematisch sein dürfte, ist aber auch die Einhaltung lokaler Feiertage am Urlaubsort sicherzustellen. Sofern die Arbeit im Ausland ohne besondere Regelung geduldet wird, kann es zu einer betrieblichen Übung kommen, mit dem Ergebnis, dass das ausländische Arbeitsrecht vollumfänglich Anwendung findet.

Zusätzlich verlangt das deutsche Nachweisgesetz, dass bei Arbeitsaufenthalten über einen Zeitraum von vier Wochen im Ausland ein schriftlicher Nachweis über die wesentlichen Bedingungen erfolgt. Der seit August 2022 eingefügte § 4 des Nachweisgesetzes sieht Bußgelder von 2000 Euro je Verstoß vor.

  • Iris Brandes, Rechtsanwältin, Director, PricewaterhouseCoopers Legal AG

Sozialversicherungsrecht muss geprüft werden

Weniger bedeutsam ist die Frage, ob ein Aufenthaltstitel erforderlich ist. Denn innerhalb der Europäischen Union sowie des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) besteht Freizügigkeit für EU- sowie EWR-Bürger. Für Drittstaatsangehörige ist dies nicht der Fall und außerhalb der EU wird in der Regel ein Aufenthaltstitel benötigt, soweit Mitarbeitende nicht über die Staatsangehörigkeit des Landes verfügen, in dem die Tätigkeit erfolgen soll.

Die größte Herausforderung liegt in der Sozialversicherung. Mitarbeitende unterliegen grundsätzlich dem Sozialversicherungsrecht des Staates, in dem sie ihre Beschäftigung tatsächlich ausüben (sog. Territorialprinzip). Arbeiten diese aus dem Ausland heraus, kann es zu einem Wechsel des anwendbaren Sozialversicherungsrechts kommen, soweit nicht in Sozialversicherungsabkommen beider Staaten Besonderheiten geregelt sind.

Bei zeitlich befristeter Workation innerhalb Europas kann durch Beantragung einer sogenannten A1-Bescheinigung ein Wechsel des anwendbaren Sozialversicherungsrechts vermieden und ein ausschließlicher Verbleib im deutschen Sozialversicherungssystem sichergestellt werden.

Regelungen außerhalb Europas

Außerhalb der EU gestaltet sich die Situation oft komplizierter, da die jeweiligen Sozialversicherungsabkommen nur einzelne Zweige (wie z.B. nur die Rentenversicherung) umfassen. Um das Risiko der doppelten Versicherungspflicht und damit auch Haftungspflicht der Arbeitgeber zu vermeiden, ist die Einholung entsprechender Bescheinigungen (sog. Certificate of Coverage) zwingend erforderlich. Ferner kann sich empfehlen, private Zusatzversicherungen abzuschließen, um mögliche Lücken im Versicherungsschutz wie z.B. den Krankenrücktransport zu vermeiden.

Um diese Risiken zu managen, bietet es sich an, die gesetzlichen Anforderungen anhand von Fallgruppen zu clustern und sorgfältig vorab zu prüfen. Sogenannte All-in-One-Tools können hier Hilfestellung bieten. Dabei erstellt ein Tool eine automatisierte Risikoeinschätzung anhand einer einzelfallbasierten, landesspezifischen Prüfung, in die die steuer-, arbeits-, aufenthalts- und sozialversicherungsrechtliche Risiken einbezogen wurden. Zusätzlich sollte eine ordnungsgemäße Dokumentation sichergestellt werden. (hp)

Die Autorinnen:
Nicole Elert, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht, Partnerin der PricewaterhouseCoopers GmbH WPG
Iris Brandes, Rechtsanwältin, Director, PricewaterhouseCoopers Legal AG