Karriere

Umzugsbereitschaft für den Job auf Höchststand

Bereits 44 Prozent können sich vorstellen, für die neue Stelle in eine andere Stadt zu ziehen. Top-Ziel ist Bayern, gefolgt von Hamburg und NRW.
15.01.2024

Die GenZ ist – auch in Zeiten des Home Office – offenbar weit mobiler als ihr nachgesagt wird.

In Deutschland käme es für fast die Hälfte der Beschäftigten (44 Prozent) infrage, berufsbedingt umzuziehen. So das Ergebnis der alle zwei Jahre durchgeführten Studie von Ernst & Young, der EY-Jobstudie. Und nie lag die Umzugsbereitschaft seit Beginn der Erhebung im Jahr 2015 höher. Zum Vergleich: 2017 gaben das nur halb so viele Beschäftigte an. Dabei ist die Bereitschaft bei den männlichen Befragten (53 Prozent) deutlich höher als bei den weiblichen Beschäftigten (36 Prozent).

Vorhandene Arbeitskräfte halten

Aus Arbeitgebersicht besonders interessant: Aktuell zeigen fast zwei Drittel aller Beschäftigten (63 Prozent) hierzulande Interesse an einem Jobwechsel oder suchen sogar aktiv nach einer neuen Stelle. Blickt man auf die Branchen, fällt auf, dass vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Telekommunikation und IT (58 Prozent), der Automobilindustrie (54 Prozent) sowie dem Maschinen- und Anlagenbau (52 Prozent) dazu bereit sind, für eine neue Stelle umzuziehen.

Jan-Rainer Hinz, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter Personal und Arbeitsdirektor bei EY: „Die gleichzeitig hohe Bereitschaft zu einem Jobwechsel und darüber hinaus für eine attraktive neue Stelle auch umzuziehen, ist aus Sicht der Arbeitgeber ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite scheint es relativ gut möglich zu sein, neue Talente für die eigene Firma zu gewinnen. Andererseits stehen die Personalabteilungen vor der großen Herausforderung, angestammte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den eigenen Reihen zu halten und sie immer wieder neu vom Unternehmen zu überzeugen.“

Für Nathalie Mielke, Partnerin & Talent Leader Assurance bei EY, ist die neue Bereitschaft zu mehr Mobilität vor allem ein positives Signal: „Gerade wenn man bedenkt, wie oft und zumeist kritisch über die Arbeitsmoral der so genannten ,Gen Z‘ diskutiert wird. Fakt ist: Fast drei von vier Berufseinsteigerinnen und -einsteigern sind bereit, ihr gewohntes Umfeld hinter sich zu lassen, für eine neue Stelle in eine andere Stadt zu ziehen und sich dort auf ein berufliches wie privates Abenteuer einzulassen.“ Das sei umso beachtlicher, da zahlreiche Bürotätigkeiten auch aus dem Home Office erledigt werden könnten.

Unterschiede zwischen den Bundesländern – Bayern vorne

Attraktivstes Bundesland für Beschäftigte ist nach wie vor Bayern: Für mehr als ein Drittel der Befragten (34 Prozent) wäre ein Umzug dorthin bei einem passenden Jobangebot denkbar. Vor zwei Jahren lag der Anteil mit 28 Prozent deutlich niedriger. Für Hamburg würden sich 25 Prozent entscheiden. Die Stadt liegt vor Nordrhein-Westfalen mit 22 Prozent. Ein Umzug nach Sachsen-Anhalt (vier Prozent) und in das Saarland (drei Prozent) kommt für wenige Beschäftigte in Frage.

Mielke: „Die neuen Bundesländer schneiden bedauerlicherweise nach wie vor deutlich schlechter ab. Obwohl es gerade hier in den vergangenen Monaten und Jahren durch Ansiedlungen von weltweit führenden Technologieunternehmen, unter anderem aus den Bereichen Automotive und Chipherstellung, sehr positive Impulse gab.“

Deshalb würden die ostdeutschen Wirtschaftszentren mittelfristig weiter an Attraktivität gewinnen. „Große internationale Unternehmen, die an Schlüsseltechnologien forschen und diese für den weltweiten Markt produzieren, bieten den Menschen in der Region berufliche Perspektiven. Zudem folgen erfahrungsgemäß weitere Ansiedlungen, beispielsweise in Form von Zulieferern, was wiederum zu einem Ausbau der Infrastruktur führt, von dem die Region dann doppelt profitiert.“ Auch beim Thema erneuerbare Energien gehe der Osten Deutschlands voran – ein Standortvorteil, der in der Zukunft weiter an Bedeutung gewinne.

Mischformen am attraktivsten

Doch für 72 Prozent der Befragten spielt auch die Möglichkeit, von zuhause aus zu arbeiten, eine Rolle; 42 Prozent sagen sogar, dass ihnen die Arbeit in den eigenen vier Wänden wichtig ist. Am stärksten ausgeprägt ist die Relevanz des Home Office bei den 21- bis 35-Jährigen (49 Prozent). 27 Prozent sagen dagegen, dass Arbeit aus dem Home Office gar keine Rolle spielt.

Könnten Angestellte frei entscheiden, würden nur zehn Prozent ihre Arbeit ausschließlich im Büro verrichten. Gut halb so viele Angestellte (sechs Prozent) wären umgekehrt nur im Home Office tätig. Die Hälfte der Befragten entschiede sich für eine Mischform aus Heimarbeit und Büro.

Mielke: „Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wollen auch nach dem Ende der Coronamaßnahmen die Arbeit im Home Office nicht mehr missen. Gleichzeitig fordern viele Arbeitgeber eine Rückkehr ihrer Angestellten in die Büros – und haben dabei ebenfalls gute Argumente.“ Mischformen böten die Möglichkeit, die Zufriedenheit der eigenen Belegschaft zu steigern und seien daher attraktiv.

Vor- und Nachteile des Home Office

Was macht die Arbeit zu Hause so attraktiv? Mehr als drei Viertel aller Befragten nennen das Wegfallen des Pendelns zum Arbeitsplatz als größten Vorteil. Zwei Drittel (66 Prozent) fühlen sich im Home Office insgesamt zeitlich flexibler, fast jeder Zweite hat durch diese Arbeitsform eine bessere Work-Life-Balance. Eine höhere Produktivität nennen nur knapp ein Viertel der Befragten als Heimarbeitsvorteil.

Nachteile sind aus Sicht der Angestellten sowohl die schwierigere berufliche (49 Prozent) als auch die private (48 Prozent) Kommunikation und Interaktion mit den Kolleginnen und Kollegen.

Hinz: „Die neuen Möglichkeiten der Kommunikation mit und zwischen den Beschäftigten können persönliche Kontakte nicht komplett ersetzen. Damit bleibt eine positive Büro- und Mitarbeitendenkultur weiter ein wichtiger Schlüssel zur Zufriedenheit der Beschäftigten.“ (bs)