Karriere

Wandel durch KI: In Deutschland sind besonders viele Arbeitsplätze betroffen

Der internationale Arbeitsmarkt steht bis 2030 einer McKinsey-Studie zufolge durch KI vor einem fundamentalen Wandel. Die weitaus größten Umbrüche betreffen administrative Bürotätigkeiten.
24.05.2024

Gerade Beschäftigte im Niedriglohnsektor müssen neue Fähigkeiten erwerben, um den Bedarf in höher bezahlten Berufsgruppen zu decken.

Der Vormarsch von (generativer) künstlicher Intelligenz (KI) wird den Arbeitsmarkt in Europa und den USA fundamental verändern. Ein Produktivitätswachstum von bis zu drei Prozent pro Jahr setzt dabei voraus, dass innerhalb aller Berufsbilder bis zu 27 Prozent der einzelnen Tätigkeiten automatisiert werden.

Das sind zentrale Ergebnisse aus der aktuellen Studie des McKinsey Global Institute (MGI) „A new future of work: The race to deploy AI and raise skills in Europe and beyond“. Dafür wurden die wichtigsten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen bis 2030 in den USA und zehn europäischen Ländern untersucht, darunter Deutschland. Darüber hinaus wurden mehr als 1100 Vorstände von Unternehmen in Deutschland (213), Frankreich (200), Italien (201), Großbritannien (209) und den USA (305) befragt. 

Deutschland und Italien mit ähnlichen Problemen

In Deutschland wären in diesem Szenario bis 2030 an die drei Millionen Jobs von einer Veränderung betroffen, das entspricht sieben Prozent der Gesamtbeschäftigung. Die weitaus größten Umbrüche betreffen die administrativen Büro-Tätigkeiten: Bis zu 54 Prozent der in Deutschland erwarteten Jobwechsel fallen in diesen Bereich.

Deutschland ist neben Italien besonders betroffen, da die Bürohilfstätigkeiten einen hohen Anteil an der Gesamtbeschäftigung ausmachen. Mit 17 Prozent folgt der Bereich Kundenservice und Vertrieb, mit 16 Prozent Tätigkeiten in der Produktion.

Qualifizierung ebnet den Weg zum Erfolg 

„Um diesen Umbruch verantwortungsvoll zu gestalten und vom beschleunigten Produktivitätswachstum zu profitieren, müssen Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik nicht nur den Einsatz von KI deutlich beschleunigen, sondern gleichzeitig mehr als bislang in die Weiterbildung und Umschulung der Beschäftigten investieren“, sagt McKinsey-Partnerin Sandra Durth, die an der Studie mitgewirkt hat. Ohne eine Qualifizierungsoffensive bei den Arbeitskräften könne KI ihr Potenzial sonst nicht entfalten.

Während der Corona-Pandemie hat Europa bereits eine sehr hohe Jobwechsel-Dynamik gezeigt. Im Vergleich zum Zeitraum vor der Pandemie ist jedoch bis 2030 eine Verdopplung des Veränderungstempos in Europa nötig, um die positiven Produktivitätsimpulse zu erzielen. 

Umgekehrt würde eine langsame Einführung zum Beispiel von (generativer) künstlicher Intelligenz das Produktivitätswachstum bis 2030 auf nur 0,2 Prozent begrenzen, was der heutigen niedrigen Rate in Westeuropa entspricht. Eine entsprechend langsame Requalifizierung der Arbeitskräfte könnte Millionen von Menschen daran hindern, produktiv an der Zukunft der Arbeit teilzuhaben.

Jobwechsel vor allem im Niedriglohnsektor

Auch besteht die Gefahr einer stärkeren Polarisierung des Arbeitsmarktes mit mehr hoch bezahlten Arbeitsplätzen als qualifizierte Arbeitnehmende – und zu vielen Bewerber:innen für bestehende Niedriglohnjobs. In Europa werden Beschäftigte in den beiden untersten Lohngruppen drei- bis fünfmal so häufig den Beruf wechseln müssen wie die Spitzenverdiener.

„Die Nachfrage nach technologischen und sozial-emotionalen Fähigkeiten wird zunehmen. Gerade Beschäftigte in Sektoren mit niedrigeren Löhnen müssen neue Fähigkeiten erwerben, um den Bedarf in höher bezahlten Berufsgruppen zu decken. Allerdings betrifft das weniger die handwerklichen und physischen Tätigkeiten, sondern vor allem Hilfstätigkeiten in den Büros“, sagt Durth. (bs)