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Le Pens Regierungspläne: Frankreichs Rechte will Bruch mit EU-Energiemarkt

Die Rassemblement National könnte die nächste Regierung im deutschen Nachbarland stellen. Was könnte das für Strompreise und Erneuerbaren-Ausbau bedeuten? Ein Überblick.
18.06.2024

Sollte die Rassemblement National die nächste Regierung in Frankreich stellen, würde Marine Le Pens Vertrauter Jordan Bardella Premierminister werden. Le Pen selbst will 2027 Präsident Emmanuel Macron ablösen.

Sollte die rechtsextreme Partei von Marine Le Pen, die Rassemblement National (RN), die Parlamentswahlen in Frankreich gewinnen und die nächste Regierung stellen, dürfte der Wind auch in Brüssel deutlich rauer wehen. Das gilt nicht zuletzt für die europäische Energiepolitik.

Denn diese wird nicht nur von der Kommission und dem Europäischen Parlament gemacht, sondern auch vom Ministerrat, in dem die zuständigen Minister der 27 Mitgliedsländer zusammenkommen und über EU-Richtlinien und -Verordnungen abstimmen.

"Autonome Stromproduktion"

Wohin die Reise gehen könnte, machte in dieser Woche Eric Ciotti klar. Ciotti ist eigentlich Chef der konservativen Les Républicains (LR), hat sich vergangene Woche aber kurzerhand entschlossen, den Bruch mit seiner eigenen Partei zu wagen und mit der RN zu paktieren.

Im Interview mit dem Sender France 2 sagte er nun, dass Frankreich aus dem europäischen Energiemarkt aussteigen müsse, um wieder eine "autonome Stromproduktion" und günstigere Strompreise zu garantieren.

RN will "französischen Strompreis"

"Dank [der früheren Präsidenten] de Gaulle und Georges Pompidou haben wir das Privileg, Wasser- und Kernkraft zu haben", sagte er. "Das gibt uns Unabhängigkeit." Präsident Emmanuel Macron sowie sein Vorgänger François Hollande hätten dieses System "kaputtgemacht".

Ähnlich äußerte sich RN-Spitzenkandidat Jordan Bardella. Er wolle mit der EU-Kommission über eine Ausnahmeregelung für Frankreich verhandeln, sagte er im Sender BFMTV. Ziel sei es, sich von den europäischen Strompreisregularien zu lösen und einen "französischen Strompreis" zu erhalten.

Vorwürfe gegen Deutschland

Aus seiner Sicht würde das die Strompreise in seinem Land um 30 bis 40 Prozent senken. Im Wahlkampf wirbt er zudem mit einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom, Gas und Kraftstoff von 20 auf 5,5 Prozent, was dem französischen Staat je nach Schätzung 12 bis 17 Milliarden Euro pro Jahr kosten würde.

Bardella warf Deutschland und der Kommission vor, "künstlich" die Strompreise so festzulegen, dass das teuerste noch eingesetzte Kraftwerk in Frankreich den Preis bestimme. Er meinte dabei offensichtlich den auch in anderen Wirtschaftsbereichen angewandten Merit-Order-Preisbildungsmechanismus. Dieser gilt unter Marktexperten als bewährte Methode, um eine wirtschaftlich optimale Versorgung zu sicherzustellen.

Stromexportmeister Frankreich

Das Merit-Order-System trug in diesem Jahr dazu bei, dass die französischen Stromgroßhandelspreise mit 46 Euro pro Megawattstunde (MWh) bislang deutlich niedriger sind als etwa in Deutschland (67 Euro pro MWh, Day-Ahead, Epex Spot). Das führte auch dazu, dass Frankreichs Netto-Stromexporte schon jetzt bei 39 Terawattstunden (TWh) liegen.

Traditionell werden mehr als zwei Drittel der französischen Strommenge in Kernkraftwerken erzeugt. Wasserkraftwerke steuerten dieses Jahr bislang knapp 14 Prozent zum Stromerzeugungsmix bei, Windkraftanlagen weitere zehn Prozent. Der Solaranteil ist mit vier Prozent in etwa so groß wie der Erdgasanteil. (Hier sind alle verwendeten Daten einsehbar.)

Rückbau von Windkraftanlagen

Kommt die RN an die Macht, will sie laut Parteiprogramm den Zubau von Solarenergie stoppen. Zudem wirbt sie für einen Rückbau von Windkraftanlagen. Dabei soll mit jenen Anlagen begonnen werden, die zuerst an ihr Lebensende gekommen sind.

Jegliche Subventionen zum Ausbau von Solar- und Windkraft sollen beendet werden. Stattdessen wollen die Rechtsextremen auf Wasserkraft, Geothermie und eine Renaissance der Kernkraft setzen.

RN geht als Favorit ins Rennen

Die Le-Pen-Partei will aus dem EU-Regelwerk "Green Deal" aussteigen. Sie will einen "französischen Weg" begehen, um die Pariser Klimaschutzziele zu erreichen. Anders als die AfD zieht sie in ihrem Programm den menschengemachten Klimawandel zwar nicht explizit in Zweifel, wendet sich aber gegen eine von örtlichen Begebenheiten losgelöste Ökologie, die auf der "Globalisierungslüge" basiere. "Jedes Ökosystem ist einzigartig, es ist hier und nicht woanders."

Bei der Europawahl erreichte die RN mit einem Stimmenanteil von 31 Prozent mit Abstand Platz eins. Auch bei der Parlamentswahl, die am 30. Juni und 7. Juli stattfinden wird, gilt die Partei als Favorit. Ihr stehen vor allem Macrons Mitte-Koalition und ein Bündnis aus verschiedenen Linksparteien gegenüber. (aba)

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