Wärme

Stadtwerke im Norden planen Millionen-Investitionen in Wärmenetze

Viele Menschen in Schleswig-Holstein machen sich Gedanken darüber, wie sie künftig Haus oder Wohnung beheizen sollen. Wärmenetze können eine Lösung sein. Die großen Städte wollen Vorreiter sein.
22.12.2023

Das Küstenkraftwerk in Kiel soll ab 2035 mit Wasserstoff statt Erdgas betrieben werden.

Die Stadtwerke der größten Städte in Schleswig-Holstein wollen massiv in ihre Wärmenetze investieren. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Die Stadtwerke Kiel sind nach Angaben von Sprecher Sönke Schuster zwar von der kommunalen Wärmeplanung der Stadt abhängig, die im nächsten Jahr abgeschlossen werden soll. «Grundsätzlich sehen unsere Planungen in Abstimmung mit der Stadt aber vor, dass wir das Fernwärmenetz massiv verdichten und an geeigneten Stellen auch ausbauen.»

Kiel mit Küstenkraftwerk für Wasserstoff gerüstet 

Technologisch ist Kiel mit dem Küstenkraftwerk schon sehr weit. Dort liefern 20 Erdgasmotoren Wärme und Strom. Von 2035 an soll dort nur noch Wasserstoff eingesetzt werden. Die Wärme des Fördewassers sollen künftig zwei Großwärmepumpen mit je 50 MW Leistung nutzen. Ob auch Tiefengeothermie zum Zuge kommen kann, werde untersucht.

Die Stadtwerke Flensburg versorgen nach eigenen Angaben bereits rund 90 Prozent der Haushalte über ein 700 Kilometer langes Leitungsnetz mit Fernwärme. Aktuell werde geprüft, eine Fernwärmeleitung in den Nachbarort Tarp zu verlegen.

Flensburg: Kohleausstieg fast abgeschlossen

2027 soll die erste Großwärmepumpe in Betrieb gehen, die nach heutigem Stand eine Leistung von 60 MW haben wird. In zwei Abschnitten sollen bis 2031 Großwärmepumpen mit einer Gesamtleistung von rund 120 MW installiert werden. Auch seien Photovoltaikanlagen geplant, um die Wärmepumpen mit Strom zu versorgen.

Um die angepeilte Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen, sollen in Flensburg mehr als 400 Mio. Euro in das Wärmenetz und die Erzeugungsanlagen investiert werden. Aktuell wird die Wärme mit zwei erdgasbetriebenen Gas- und Dampfturbinenanlagen, einem Elektrodenkessel mit Wärmespeicher und zwei Kohlekesseln erzeugt. Ein zweiter Elektrodenkessel soll im nächsten Jahr in Betrieb gehen. Der Kohleausstieg sei fast abgeschlossen. Anfang nächsten Jahres werde ein Kohlekessel außer Betrieb genommen. 2028 beginnt der Einsatz von klimaneutralen Gasen in den Gas- und Dampfturbinenanlagen.

Lübeck will in Geothermie einsteigen

In Lübeck gibt es nach Informationen der Stadtwerke rund 1750 Abnahmestellen für Fernwärme, die mit Erdgas-Kraft-Wärme-Koppelung und Abwärme versorgt werden. Auch kann das Unternehmen in zwei Elektrodenkesseln Wärme direkt aus Strom erzeugen. Die Stadtwerke wollen das Wärmenetz nach eigenen Angaben stark ausbauen.

Künftig sollen in Lübeck alle verfügbaren erneuerbaren Energiequellen genutzt werden, von Wärmepumpe bis Geothermie. Der Chef der Stadtwerke Lübeck Gruppe, Jens Meier, betont, der Ausbau der Fernwärme und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung seien von herausragender Bedeutung. «Denn Fern- und Nahwärmenetze können eine besonders kosteneffiziente klimaneutrale Lösung für die Wärmeversorgung der Kommunen oder Stadtquartiere sein.»

Norderstedt nutzt Abwärme aus Rechenzentrum

Auch in Norderstedt, der viertgrößten Stadt des Landes, wird an der Zukunft der Wärmeversorgung gearbeitet. Die Stadtwerke setzen seit Jahren auf mehrere insgesamt 82 Kilometer lange Nahwärmenetze, die von 14 Blockheizkraftwerken (BHKW) versorgt werden. In einigen Blockheizkraftwerken sind bereits Elektrokessel eingebaut, die überschüssigen Strom nutzen können. Außerdem wird die Abwärme eines großen Rechenzentrums genutzt. Erste BHKW werden mit Großwärmepumpen ausgerüstet und auch Geothermie soll künftig einen Beitrag zur Wärmeversorgung in Norderstedt leisten.

Die Stadtwerke Neumünster wollen bis 2035 klimaneutral werden. Für das Fernwärmenetz, das mehr als 140 Kilometer lang ist und gut 25 000 Wohnungen versorgt, bedeutet das unter anderem, zunächst Kohle durch Erdgas zu ersetzen. Auch soll eine technische Lösung zur Abscheidung von CO2 gesucht werden. Der Einsatz einer Großwärmepumpe am Klärwerk und von Photovoltaik ist vorgesehen, Geothermie wird untersucht. Gerade wurde ein wichtiger Ringschluss der Fernwärmeleitung am Bahnhof hergestellt. (dpa/lm)