Wärme

Studie: Wie sich die Wärmewende sozial gestalten lässt

Die Wärmewende kostet viel Geld. Das Wuppertal-Institut hat untersucht, an welchen Rädchen die Politik drehen muss, damit sie für alle bezahlbar bleibt.
26.07.2024

Hohe Heizkosten sind für viele Menschen eine echte Herausforderung. Die Politik muss handeln.

Menschen in wirtschaftlich benachteiligten Haushalten wohnen überwiegend zur Miete. Damit für sie – aber auch andere Mieter – die Warmmiete durch die Wärmewende nicht steigt, müsste die Bundesförderung für Mietwohnungen verbessert werden. Aktuell ist es bei der Heizungsumstellung jedoch umgekehrt. In einem nun veröffentlichten Zukunftsimpuls beschreiben Forscher des Wuppertal Instituts, welche Maßnahmen zielführend sind für mehr soziale Gerechtigkeit und Akzeptanz bei der Wärmewende: Dafür müsste die Förderung von Maßnahmen zur energetischen Modernisierung und Heizungsumstellung bei Mietwohnungen kurzfristig um mindestens 20 Prozent erhöht und mit weiteren Maßnahmen flankiert werden. Nur so könnte die Wärmewende sozial ausgewogen gestaltet werden – eine wesentliche Voraussetzung, um die nationalen Klimaschutzziele zu erreichen.

Damit die Wärmewende gelingt, gilt es, den Wärmebedarf durch energetische Modernisierungen – also bessere Dämmung, Wärmerückgewinnung und Energiemanagement – zu senken und auf klimafreundliche Heizungen umzustellen. Das nützt nicht nur dem Klima, sondern kann auch zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen, wenn die Politik es richtig angeht. "Energetische Modernisierungen im Verbund mit der Installation von Wärmepumpen können die Heizkostenrechnung effektiver senken als ein Klimageld oder Energiepreisbremsen. Sie schützen vor perspektivisch steigenden Preisen für Erdgas oder Heizöl und können bedarfsorientierter gestaltet werden", betont Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts, in einer Pressemitteilung.

Preisbremsen nicht passgenau ausgestaltet

Fischedick kritisiert, dass die Energiepreisbremsen im Jahr 2023 nicht sozial treffsicher ausgestaltet waren: Sie waren nicht auf das sozialpolitische Ziel ausgerichtet, wirtschaftlich Benachteiligte stärker zu entlasten und an der Wärmewende teilhaben zu lassen. Diese Gruppe wurde tendenziell sogar weniger entlastet, weil sie oft schon vorher sparsam heizen musste und die finanzielle Entlastung mit höherer Energieeinsparung relativ anstieg.

"Da Menschen in wirtschaftlich benachteiligten Haushalten überwiegend zur Miete wohnen, haben wir untersucht, ob die Warmmieten bei den aktuellen Preisen für Wärmedämmung und Wärmepumpen, der aktuellen Förderung durch die Bundesregierung und den zukünftig erwartbaren Strom- und Gaspreisen sinken oder sogar steigen. Auch für Vermietende und für Eigenheimbesitzer*innen haben wir die wirtschaftlichen Auswirkungen analysiert. Denn die Wärmewende muss sich für alle lohnen", erläutert Stefan Thomas, Leiter der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik am Wuppertal Institut und Hauptautor des Zukunftsimpulses.

Förderung für Mietwohnungen müsste erhöht werden

Damit die Warmmieten durch energetische Modernisierungen oder den Einbau von Wärmepumpen sinken statt zu steigen, wäre aktuell eine höhere Förderung nötig als für selbstnutzende Eigentümer. Hauptgrund dafür ist die Modernisierungsumlage. Sie macht die Wärmewende für die Vermieter schon heute wirtschaftlich. Auch für das Eigenheim lohnt es sich bereits jetzt. Aktuell ist allerdings die Förderung für den Heizungstausch – umgekehrt zum Bedarf – für selbstnutzende Eigentümer höher als für Vermieter.

Daher sollte der Speed-Bonus von 20 Prozent für Wärmepumpen kurzfristig auch auf Mietwohnungen ausgeweitet werden. Zudem sollte die Förderung für Wärmedämmung um mindestens 10 Prozent erhöht werden, so die Autoren des Impulspapiers.

Mehr Geld für Sanierungen

Ein weiterer wichtiger Impuls könnte erreicht werden, wenn die Modernisierungsumlage und die Förderung nach dem sogenannten Drittelmodell bis zum Jahr 2026 reformiert werden. Danach werden die Kosten der energetischen Sanierung grob zu je einem Drittel zwischen Mietern, Vermietern und öffentlicher Hand aufgeteilt. Hierzu sollte vorgesehen werden, einerseits die Förderung für Gebäudesanierungen auf 30 bis 40 Prozent zu erhöhen, andererseits die Modernisierungsumlage von 8 Prozent auf etwa 3 Prozent abzusenken. Im Gegenzug müssten die Förderbeträge nicht mehr von der umzulegenden Investitionssumme abgezogen werden, sondern kämen direkt den Vermietern zugute. Dieses Modell wäre für beide Seiten vorteilhaft: Die Warmmiete sänke in der Regel – oder stiege zumindest nicht – und für die Vermieter würden die Investitionen wirtschaftlicher als im Status quo. Damit hätten sie neben der Wertsteigerung der Immobilie einen weiteren Vorteil.

Förderung allein reicht jedoch nicht aus, um die praktischen Hürden zu überwinden, vor denen vor allem Eigenheimbesitzer, Wohnungseigentümergemeinschaften und private Kleinvermietende stehen. Ein neues Förderprogramm sollte daher flächendeckend Beratung und Umsetzungsbegleitung aus einer Hand bereitstellen, durch One-Stop-Shops und energetisches Quartiersmanagement.

Kommt die Sanierungspflicht?

Wenn die Investitionen durch die Förderung wirtschaftlich und durch die One-Stop-Shops praktisch unterstützt werden, sind auch Sanierungspflichten für die ineffizientesten Gebäude zumutbar. Denn hier müssen die Energiekosten besonders dringend gesenkt werden, es sind aber auch die höchsten Einsparungen zu den geringsten Kosten möglich.

Auch die Peer-to-Peer-Energiesparberatung mit Stromspar-Check für einkommensarme Haushalte sollte stark ausgebaut werden. So werden die Betroffenen mit geringem finanziellem Aufwand schnell und direkt finanziell entlastet und aktiv eingebunden.

"Wir sollten der Wärmewende mit diesen Instrumenten für die kommenden Jahre einen richtigen Push geben. Dann werden alle Beteiligten an Vertrauen in die Wärmewende und deren Wirtschaftlichkeit gewinnen. Mit größeren Marktvolumina und innovativen Lösungen werden auch die Kosten für Wärmedämmung und grüne Heizungen sinken. So kann die Wärmewende sozial ausgewogen gestaltet werden – und zum Erfolg für den Klimaschutz beitragen", fasst Thomas zusammen. (amo)