E-Mobilität

2000 Lkw-Lader sind vielleicht gar nicht nötig

Studie von Fraunhofer ISI und Amazon kommt zu dem Ergebnis, dass die Hälfte reichen könnte – wenn Lage und Leistung passen.
15.07.2024

Die AFIR-Verordnung der EU sieht für 2030 mindestens 2000 Schnelllade-Standorte für Lastwagen in Europa vor.

Wie viele Standorte von Lastwagen-Schnellladern an den Autobahnen sind im Jahr 2030 nötig? Die EU hat diese Frage bereits beantwortet: Sie verlangt in ihrer AFIR-Verordnung von den Mitgliedsstaaten mehr als 2000 Standorte. Davon sollen in Deutschland mindestens 300 nötig sein. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung – ISI – und des Internet-Versenders Amazon kommt zu anderen Ergebnissen: Demnach dürfte eine deutlich niedrigere Anzahl reichen, um fast den komplett zu erwartenden E-Lkw-Verkehr zu versorgen.

Auf Grundlage des berechneten Verkehrsaufkommens für 2030 und 1,6 Millionen Lkw-Fahrtenkombinationen analysiert die Studie mit Hilfe des Open-Source-Tools Chalet von Amazon 20.000 potenzielle Standorte für Lkw-Ladestationen entlang europäischer Autobahnen. Die Ergebnisse zeigen demnach, dass bereits 1000 öffentliche Megawatt-Ladestationen ausreichen könnten, um 91 Prozent des erwarteten Langstreckenverkehrs von E-Lkw abzudecken.

Konservative Annahmen

Bei ihren Berechnungen gingen die Autoren nach eigenen Angaben konservativ vor: Sie nahmen kein Depotladen an und legten eine Praxisreichweite von nur 400 Kilometern zugrunde. Diese Reichweite können bereits heute einige neue Batterie-Lkw-Modelle überschreiten.

Die Studie empfiehlt dabei, den Fokus beim Bau von Ladestationen auf stark befahrene Strecken an wichtigen Verkehrsknotenpunkten zu legen. Wenn das Ladenetz später ausgebaut wird, können dann sukzessive Standorte auf weniger stark befahrenen Strecken hinzukommen.

Ausreichende Netzleistung ist zentral

Laut Studienautor Patrick Plötz müssen diese neuen Standorte aber eine ausreichende Netzleistung haben. Für einige werde sogar eine Kapazität von bis zu 12 Megawatt benötigt, um bis zu 20 MCS-Anschlüsse fürs Megawatt-Laden versorgen zu können. Nach seinen Angaben arbeiten aber bereits mehrere europäische Regierungen aktiv an genau diesen Herausforderungen.

Nach Angaben von Plötz könne ein strategisch geplantes Netz auf der Grundlage von Megawatt-Ladestationen die Verbreitung batteriebetriebener Lkw in Europa stark fördern. „Unsere Untersuchung legt nahe, dass Industrie und Politik die weitere Entwicklung und Einführung von Megawatt-Ladesystemen wie MCS beschleunigen müssen. Denn dies ermöglicht etwa Logistikunternehmen, die keine Möglichkeit zum Depotladen haben, ihre Flotten zu elektrifizieren. Durch öffentliche MCS-Stationen könnten Herausforderungen etwa bei der Stromversorgung oder durch den Erwerb entsprechender Immobilien vermieden werden. Dies sei oft eine große Hürde für die Anschaffung von batteriebetriebenen Lkw.“ (wa)