Deutschland

Grünen-Spitze will Kurswechsel bei CO2-Speicherung

Beim Entwurf des Grünen-Programms für die Europawahl gibt es beim zentralen Thema Klimaschutz eine Überraschung. Dabei spielte Wirtschaftsminister Habeck in gewisser Weise bereits den Vorboten.
14.09.2023

Emily Büning (links), Bundesgeschäftsführerin Bündnis 90/Die Grünen und die Bundesvorstände Ricarda Lang (Mitte) und Omid Nouripour zeigen das Papier mit dem Entwurf des Bundesvorstands zum Europawahlprogramm 2024.

Kurswechsel bei den Grünen: Die Parteispitze will sich für die lange umstrittene unterirdische Speicherung von Kohlendioxid öffnen. Das geht aus dem am Donnerstag vorgestellten Entwurf für das Programm zur Europawahl im Juni 2024 hervor.

Co-Vorsitzende Ricarda Lang sagte, es sei eine "verdammt schwierige Frage", nach Jahrzehnten der Versäumnisse klimaneutral zu werden. Dies lasse keine einfachen Antworten zu und stelle "vielleicht auch manchmal alte Gewissheiten" in Frage.

Beispiel Zementindustrie

Im Entwurf des Wahlprogramms heißt es, dass man schnell aus Kohle, Öl und Gas raus müsse und in erneuerbare Energien sowie Wasserstoff einsteigen müsse, um die Klimaziele zu erreichen. In einigen wenigen Bereichen werde es aber auch in Zukunft Emissionen geben, die schwer oder nach heutigem Stand der Technologie gar nicht zu vermeiden seien.

Als Beispiel wurde die Zementindustrie genannt. "In diesen Bereichen wollen wir technologische Chancen nutzen und das CO2 direkt bei der Produktion abscheiden, speichern und gegebenenfalls nutzen", hält der Entwurf fest.

Vorbote Habeck

In Deutschland ist die Kohlendioxidspeicherung bisher auf Erprobungs- und Demonstrationszwecke beschränkt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich aber bereits für eine Neuausrichtung ausgesprochen.

In einem Ende 2022 vorgelegten Prüfbericht zum Kohlendioxid-Speicherungsgesetz hieß es, um Klimaziele zu erreichen, sei auch eine CO2-Speicherung notwendig.

"Besser, CO2 im Boden zu lassen"

Lang verwies zudem auf Gutachten des Weltklimarates. Dort werde klar gesagt: "Wir sind zu spät dran, auf technologischen Fortschritt zu verzichten." Es fänden derzeit auf nationaler Ebene Verhandlungen über eine neue Strategie statt. Es müsse zudem einen europaweit einheitlichen Regelungsrahmen geben.

Die Grünen-Klimaexpertin und Bundestagsabgeordnete Lisa Badum sagte, es sei sinnvoll, dass der Bundesvorstand eine Debatte zur Carbon-Capture-and-Storage-Technik anstoße. "Aus meiner Sicht ist wichtig zu beachten: Es ist besser, das CO2 im Boden zu lassen, als es mit großem Aufwand und viel Geld wieder in den Boden zu verpressen."

Programmbeschluss im November

Bevor die Menge des verbrannten Mülls nicht halbiert oder eine echte Bauwende eingeleitet werde, brauche man nicht über CCS in der Abfallverbrennung oder der Zementbranche reden. "Die europäische Klimapolitik muss den Vorrang echter Dekarbonisierung vor teuren technischen Lösungen sicherstellen."

Die Grünen wollen ihr Programm zur Europawahl auf einem Parteitag im November beschließen. (dpa/aba)