Recht & Regulierung

Wirtschaftsprüfer erklärt den Regierungsentwurf zur CSRD

Florian Bär von Rödl und Partner kennt sich in der Nachhaltigkeitsberichterstattung aus. Er erklärt, warum Unternehmen jetzt mehr Zeit haben.
29.07.2024

Florian Bär ist Partner bei Rödl und Partner.

Florian Bär ist Wirtschaftsprüfer und Partner bei Rödl und Partner. Eines seiner Themen ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Im Interview geht er ausführlich darauf ein, was nach dem Beschluss des Kabinetts nun zur Umsetzung der CSRD in Deutschland zu erwarten ist.

Herr Bär, wo stehen wir aktuell?

Am 24. Juli 2024 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) beschlossen. Dadurch handelt es sich nun um einen offiziellen Gesetzesentwurf, der noch in den Bundestag und in den Bundesrat eingebracht werden muss.

Wo liegen die wesentlichen Vorzüge des Regierungsentwurfs?

Im Wesentlichen wird die CSRD 1:1 übernommen.

Wichtige Änderungen im Vergleich zum Referentenentwurf sind:

  • Bestätigung des Wirtschaftsprüfers als alleiniger Prüfer des Nachhaltigkeitsberichts. Die Bundesregierung wird im Rahmen einer späteren Gesetzesnovelle prüfen, ob weitere unabhängige Erbringer von Bestätigungsleistungen zugelassen werden. Eine solche Zulassung wird an gleichwertige regulatorische Anforderungen gebunden.
  • Verschiebung der Einreichungsfrist für LkSG-Berichte für Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2024 begonnen haben, auf den 31. Dezember 2025
  • Die Pflicht zur Erstellung eines separaten Prüfungsberichts ist entfallen. Das Institut der Wirtschaftsprüfer hatte sich für die Streichung stark gemacht. Die Berichterstattung über die Prüfung kann zusammen in dem Prüfungsbericht über die Abschlussprüfung erfolgen. Neben dem Bestätigungsvermerk zur Jahresabschlussprüfung wird in Zukunft ein Prüfungsvermerk über die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung erteilt werden.
  • Die Auszeichnung des Berichts nach dem ESEF-Format soll erstmal für das Geschäftsjahr 2026 und somit später als bislang vorgesehen zu erfolgen. Für Unternehmen ergibt sich durch die vorgeschriebenen ESEF-Anforderungen eine zusätzliche Herausforderung, die im Rahmen der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts zu berücksichtigen ist. Von daher ist die Verschiebung zu begrüßen. Vereinfacht zusammengefasst ist es ab 2026 erforderlich, den Nachhaltigkeitsbericht in einem europaweit einheitlichen, elektronischen Berichtsformat zu erstellen, wodurch eine maschinelle, automatisierte Lesbarkeit erreicht werden soll. Dadurch können Nachhaltigkeitsberichte in Zukunft sehr einfach elektronisch ausgewertet und verglichen werden. 

Was heißt das für die Praktikabilität der Umsetzung?

Große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen bereits über das laufende Geschäftsjahr 2024 erstmalig nach CSRD Bericht­ erstatten, ab dem Geschäftsjahr 2025 sind alle anderen großen Unternehmen berichtspflichtig.

Viele der betroffenen Unternehmen stecken aufgrund des straffen Zeitplans und des hohen Umsetzungsaufwands bereits mitten im Erstellungsprozess des ersten CSRD-konformen Berichts und gewinnen durch die Veröffentlichung des Regierungsentwurfs ein Stück mehr Rechtssicherheit.

Was bedeutet die Optimierung des Lieferkettengesetzes konkret mit Blick auf doppelte Berichtspflichten?

Bezüglich des Lieferkettengesetzes sieht der Regierungsentwurf Maßnahmen vor, um Überschneidungen mit dem Lieferkettengesetz zu minimieren und doppelte beziehungsweise gleichgelagerte Berichtspflichten zu vermeiden. Dies bedeutet, dass bestimmte Berichtsanforderungen harmonisiert oder konsolidiert werden, um Doppelarbeit zu vermeiden.

Was sind noch offene Fragen?

Inwieweit es im weiteren Gesetzgebungsverfahren noch zu wesentlichen Änderungen kommt, ist schwer vorherzusehen. Wir gehen zum aktuellen Stand jedoch nicht davon aus. Erwähnenswert ist in jedem Fall, dass aufgrund landesrechtlicher Vorgaben weiterhin viele kleinere, kommunale Gesellschaften oder kommunale Unternehmen in öffentlich-rechtlichen Rechtsformen von der Verpflichtung, einen Nachhaltigkeitsbericht aufzustellen, betroffen sind.

Es gibt allerdings immer mehr Gesetzesinitiativen auf Länderebene zu diesem Thema. So möchten nach NRW auch Bayern, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern Ausnahmen von der Nachhaltigkeitsberichtserstattung für bestimmte Unternehmen der öffentlichen Hand herbeiführen.

Bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens sind weiterhin noch inhaltliche Anpassungen möglich.

Die Fragen stellte Hans-Peter Hoeren.