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70 Jahre ZfK – Computer spricht am Telefon

1979: Hamburg testet ein neues Fahrplan- und Informationssystem.
03.06.2024

IBM-Rechner aus dem Jahr 1978

70 Jahre ZfK – Seit Juni 1954 berichtet die Zeitung für kommunale Wirtschaft aus und für die kommunalen Versorgungsunternehmen. Höchste Zeit also für einen Rückblick. In den Archiven finden sich dabei immer auch ganz besondere „Schätzchen“: 1979 sucht ein Computer in Hamburg die günstigste Nahverkehrsverbindung aus.

Unverzichtbarer Bestandteil des Angebots im öffentlichen Personennahverkehr sei eine umfassende Information der Kunden. Zwar habe man auf diesem Gebiet in den letzten Jahren Fortschritte gemacht, weitergehende Verbesserungen seien aber dringend notwendig. Als eine geeignete Möglichkeit dazu stellte Prof. Dr.-Ing. Walter Grabe, Hamburger Verkehrsverbund, u. a. ein automatisches Fahrplan- und Informationssystem, kurz AFI genannt, auf der Jahrestagung des Verbands öffentlicher Verkehrsbetriebe in Saarbrücken vor (22./23. Mai).

Auf Mikrofilm gespeichert

Ausschlaggebend für die Entwicklung des AFI war die Erkenntnis, daß für die Vorinformation zur Verfügung stehende Hilfsmittel wie Fahrpläne oder Fernsprechauskunft meist zu wenig benutzerfreundlich sind. Ebenso trug die weitverbreitete Abneigung gegen schriftliches Informationsmaterial dazu bei, ein System zu entwickeln, das bei einem Minimum an Eigenaktivitäten alle für Fahrtvorbereitung und -durchführung erwünschte Angaben liefert, erläuterte Grabe.

Das Hamburger System enthält einen Rechner für die Fahrwegoptimierung, einen Automaten und einen Fernsprechteil. Die Automaten geben schriftlich Fahrtempfehlungen zu jedem beliebigen Ziel im Gebiet des Hamburger Verkehrsverbunds aus. In einem Mikrofilm -Lesegerät sucht sich der Benutzer sein Ziel unter rd. 17.000 Adressen aus, die in alphabetischer Reihenfolge gespeichert sind. Zu jeder dieser im Verzeichnis erfaßten Adressen gehört eine vierstellige Kennziffer der zugeordneten Haltestelle. Diese Zahl gibt man über eine Tastatur in den Automaten ein.

10 Pfennig Schutzgebühr

Nach Einwurf von 10 Pfennig, die zugleich als Schutzgebühr gegen Mißbrauch dienen, sucht der Rechner aus einer Vielzahl von möglichen Verbindungen die günstigste aus. Dies geschieht in vier Stufen. In der ersten Phase erfolgt Streckensuche ohne Umsteigen, in der zweiten mit einmal Umsteigen usw.

Aus den gespeicherten Fahrplänen werden dann alle notwendigen Daten für die Verbindung wie Abfahrtszeit, Ankunft am Ziel (auch für Umsteigehaltestellen) sowie die Fahrpreise ermittelt. Dabei orientiert sich der Rechner an den Attraktivitätsfaktoren Reisezeit, Komfort und Fahrpreis. Nach ca. 15 sec druckt der Computer eine Fahrtenempfehlung mit allen benötigten Angaben aus.

Auch über eine automatische Telefonauskunft lassen sich in Hamburg von allen Fernsprechteilnehmern des Ortsnetzes Fahrten zwischen allen beliebigen Start und Zielpunkten zu jeder gewünschten Abfahrtszeit anfordern, erklärte Grabe. Dabei sucht der Kunde aus einem gedruckten, kostenlos zur Verfügung gestellten Verzeichnis Start und Zieladresse und wählt diese zusammen mit der Kennziffer des Verkehrstages, der gewünschten Abfahrtszeit sowie der Sammelrufnummer der Auskunft an. Der Rechner sucht die günstigste Verbindung aus und gibt für die Fahrt benötigte Daten in synthetischer Sprache aus. Der Anrufer trägt die Angaben auf vorgedruckte Notizzettel ein und hat seinen eigenen Fahrplan zur Hand.

Digitale Stimme

Für die synthetische Stimme wählte man lt. Grabe ein digitales Verfahren. Stimmlage, Lautstärke und Grundgeschwindigkeit sind dabei manuell regulierbar. Insgesamt 63 Elementarlaute der deutschen Sprache wie Konsonanten, Vokale, Zischlaute und Pausen sind gespeichert.