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"Durch diese Art des Vertriebs gerät der gute Ruf der Stadtwerke in Gefahr"

Vertriebspartner eines Stadtwerks aus Nordrhein-Westfalen sollen mit unseriösen Methoden Kunden der Stadtwerke Wunstorf abgeworben haben. "Ich bin enttäuscht , dass solch ein Verhalten jetzt auch bei Stadtwerken einzieht", sagt Henning Radant, Chef der Stadtwerke Wunstorf, in einem Gastbeitrag.
28.05.2024

Henning Radant ist seit vielen Jahren Geschäftsführer der Stadtwerke Wunstorf am Steinhuder Meer in Niedersachsen.

Seit einigen Tagen erhalten wir Anrufe von verunsicherten Kunden aus unserem Stammgebiet, da Vertriebsmitarbeiter eines Stadtwerks aus Nordrhein-Westfalen bei ihnen klingeln und sich als Mitarbeiter der hiesigen Stadtwerke ausgeben. Die Kunden glauben es sind Mitarbeiter von uns und gewähren Ihnen Zutritt.

Erst nach einer Weile wird klar, dass es sich um Vertriebsmitarbeiter eines anderen Stadtwerks handelt und sie versuchen dem Kunden einen Wechsel in einen neuen Strom- oder Gasvertrag schmackhaft zu machen.

"Bis jetzt sitzen wir zum Teil auf den teuer nachgekauften Mengen und können unseren Kunden keine nennenswerten Preissenkungen anbieten."

Natürlich sind sie günstiger als wir, da sie nicht ihre eigenen Preise aus ihrer Region anbieten, sondern günstige Spotmarktmengen „back to back“ einkaufen. Im Moment geht es vielen Stadtwerken so, dass sie mit Ihrer Langfristbeschaffung die Kunden 2 Jahre sicher durch die Krise geführt haben und zum Teil die havarierten Kunden von pleite gegangenen Billiganbietern in der Grundversorgung aufnehmen mussten.

Wir selbst mussten zu dem Zeitpunkt teuer nachkaufen, da unsere Mengen damit überschritten wurden. Den Preis mussten dann alle Kunden tragen, da wir die Kunden nicht separieren durften. Bis jetzt sitzen wir zum Teil noch auf diesen Mengen und können unseren Kunden keine nennenswerten Preissenkungen anbieten. Dann kommen noch die veränderten Rahmenbedingungen aus der Politik (Subventionierung Netzentgelte, CO² Steuer) hinzu und machten eine weitere Preiserhöhung erforderlich.

"Vor zwei Jahren haben die Politiker empfohlen zum Grundversorger zu gehen. Jetzt empfehlen sie wieder den Wechsel zu günstigeren Anbietern."

Viele Kunden nutzen dann ihr Sonderkündigungsrecht, da die Billiganbieter wieder zurück sind, die sich in der Krise aus dem Staub gemacht haben. Dankbarkeit und Treue spürt man hier leider nicht. Noch vor 2 Jahren haben die Politiker empfohlen zum Grundversorger zu gehen, um sicher versorgt zu werden. Jetzt empfehlen sie wieder einen Wechsel zu günstigeren Anbietern, da sie mit Abgaben und Steuern selbst an der Preisschraube gedreht haben.

Zum einen sollen die Grundversorger durch gesetzliche Regeln die Kunden vor einem Ausfall schützen, zum anderen genießen sie selbst keinen Schutz, wenn der Markt die gewollte Sicherheit nicht mehr braucht. So funktioniert das nicht.

Der Markt hat sich seit einigen Monaten wieder beruhigt und die Preise sind stark gefallen und frühestens ab 2025 kommen auch wir wieder in den Genuss von günstigeren Beschaffungspreisen. Die oben genannte Situation wird jetzt von vielen Konzernen und Billiganbietern genutzt, sich jetzt mit frischer günstiger Energie einzudecken und in fremden Gebieten Neukunden zu akquirieren.

"Ich bin enttäuscht und traurig, dass dieses Geschäftsgebaren
jetzt auch unter den Stadtwerken Schule macht."

Bisher kannten wir das nur von unseriösen Anbietern und Konzernen, doch leider hat sich dieses Verhalten auch in die Familie der Stadtwerke eingeschlichen. Die oben genannten Stadtwerke aus Nordrhein-Westfalen gehen in Wunstorf und Umgebung den gleichen Weg.

Was mich dabei besonders erschreckt ist das dabei zu Tage tretende, vertriebliche Verhalten: Der fragliche, kommunale Versorger verschafft sich mit dem guten Ruf eines Stadtwerks den Zutritt zu unseren Kunden. Erst später werden diese aufgeklärt, dass es sich nicht um die Stadtwerke Wunstorf, sondern um ein kommunales Unternehmen aus dem bevölkerungsmäßig größten deutschen Bundesland handelt

Ich finde es auch unseriös, die eigenen Kunden mit den hohen Preisen abzumelken und die neuen Kunden in anderen Regionen günstig anzulocken. Ich bin enttäuscht und traurig, dass dieses Geschäftsgebaren jetzt auch unter den Stadtwerken Schule macht. Die Kunden fühlen sich überlistet und haben Angst bekommen durch diese Art des Vertriebes und der gute Ruf der Stadtwerke gerät in Gefahr. Viele rufen uns an und bitten um Hilfe, um wieder aus den Verträgen heraus zu kommen.

Da sieht man eben, ein Stadtwerk ist nicht immer ein Stadtwerk und das kollegiale Miteinander löst sich immer weiter auf. Vielleicht bin ich ja auch ein Romantiker und nicht mehr zeitgemäß, aber schön finde ich die Veränderung unter den kommunalen Versorgern nicht.

(Ein Gastkommentar von Henning Radant, Geschäftsführer der Stadtwerke Wunstorf)