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Verivox: Dynamische Stromtarife lohnen sich für die meisten Haushalte noch nicht

Viele Kunden kennen dynamische Tarife noch nicht. Lichtblick sieht in Tarifen mit Preisabsicherung Potenzial.
02.10.2023

Ein Marktplatz für Strom. Von den Preisschwankungen hier können auch Stromkunden profitieren - aber nur unter den richtigen Bedingungen.

Wenig Auswahl und meist keine Preisersparnis - für einen Großteil der Haushalte in Deutschland sollen sich dynamische Stromtarife nicht lohnen: Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Marktanalyse von Verivox.

Eine repräsentative Umfrage des Vergleichsportals zeigte zudem, dass bislang kann nur eine Minderheit der Menschen überhaupt etwas mit dem Begriff anfangen.

Durchschnittliche Haushalte profitieren nicht von Börsenstromtarifen

Im Durchschnitt der letzten fünf Jahre zahlten Verbraucher, die 10 Prozent ihres Verbrauchs in die jeweils günstigste Tageszeit verlegten, durchschnittlich 31,46 Cent pro Kilowattstunde (kWh).

Im günstigsten Neukundenangebot waren es hingegen durchschnittlich nur 30,92 Cent/kWh. Börsenstromtarife waren also 3,3 Prozent teurer als der günstigste fixe Tarif.

„Über einen längeren Zeitraum lohnt sich der Aufwand, seinen Stromverbrauch in die jeweils günstigste Zeit zu legen aus Kostensicht bisher nicht. Smarte Lösungen und Speicher könnten das in Zukunft aber ändern.“ - Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox

Anzahl der Anbieter ist noch gering

Stromversorger mit mehr als 100.000 Kunden müssen schon heute mindestens einen dynamischen Tarif anbieten. Ab 2025 ist dann jeder Versorger gesetzlich dazu verpflichtet.

Aktuell sind diese aber noch selten, wie eine Verivox-Stichprobe unter den Grundversorgern in den 50 größten Städten Deutschlands zeigt. Nur in vier von 50 Städten erhalten Kunden direkt ein konkretes Angebot. Je nach Definition schwankte die Anzahl überregionaler Angebote zwischen fünf und sieben.

Lichtblick: Brauchen neue Lösung

Das Energieunternehmen Lichtblick hat in einer Studie mit der Berliner Beratungsfirma Neon Neue Energieökonomik dynamische Tarife mit Preisabsicherung untersucht.

Der Tarif spezifiziert über die Vertragslaufzeit von einem oder mehreren Jahren ein jährliches Volumen, ein stündliches Verbrauchsprofil und einen Preis. Haushalte, die sich an den vereinbarten Stromverbrauch halten, zahlen genau den vereinbarten Preis - unabhängig von Preisschwankungen an der Börse. Damit sind sie für die vereinbarte Menge vollständig gegen Preisspitzen abgesichert.

Bei Abweichungen zwischen tatsächlichem und vereinbartem Verbrauch werden die Mehr- oder Mindermengen zu aktuellen Spotpreisen abgerechnet bzw. erstattet. Der Anreiz für Einsparungen und Lastverschiebungen wird somit immer durch den Spotpreis bestimmt - unabhängig vom zuvor abgesicherten Profil.

„Mit der Studie zeigen wir, dass beides möglich ist: Transparenz bei der Stromrechnung und die Verknüpfung mit finanziellen Anreizen für intelligentes Laden von Elektroautos und anderen Flexibilitäten. Das würde den Fortschritt der Energiewende beschleunigen.“ - Lion Hirth von Neon

Das Besondere des Tarifes ist demnach, dass die Anreize aus Strompreisen völlig unverzerrt (also in voller Höhe und Tiefe) und für die gesamte Verbrauchsmenge bei Haushalten ankommen, die monatliche Stromrechnung jedoch dank einer Absicherungsfunktion des Tarifes eine ausgeglichene Höhe aufweist. Die Absicherungsfunktion ist so gestaltet, dass sie keinerlei Ver-zerrung der Anreize verursacht.
 
Die Studie finden Sie hier.

Dynamische Stromtarife noch weitgehend unbekannt

Den meisten Stromkunden in Deutschland sind dynamische Stromtarife jedoch noch kein Begriff, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Verivox zeigt. 61 Prozent der Befragten geben an, noch nie von dynamischen Stromtarifen gehört zu haben. Nur 35 Prozent der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer kennen diese Tarife, 4 Prozent sind sich nicht sicher.

Rund die Hälfte der Befragten (49 Prozent) kann sich vorstellen, einen dynamischen Stromtarif in Zukunft zu nutzen. Attraktiv wird ein solcher Stromtarif für die meisten Befragten (36 Prozent), wenn die Verlagerung des Stromverbrauchs in günstigere Zeiten eine jährliche Ersparnis von 100 bis 200 Euro erzielt.  (pfa)