Wasser

Hamburg Wasser erzielt überraschend hohen Millionengewinn

Trotz Bevölkerungswachstum geht der Trinkwasserverbrauch zurück. Das Abwasservolumen nimmt dagegen wegen stärkerer Niederschläge zu. Um Investoren für das umfangreiche Investitionsprogramm zu gewinnen, hat das Unternehmen ein grünes Finanzierungsprogramm erarbeitet.
29.06.2024

Ingo Hannemann, Sprecher der Geschäftsführung, und Gesinde Strohmeyer, Geschäftsführerin von Hamburg Wasser, vor der Zusammenführung von Isebek- und Geeststammsiel. Rund 250 Kilometer dieser „alten Riesen“ muss das Unternehmen in den nächsten Jahren sanieren.

 

Angesichts des Klimawandels mit immer häufigeren Starkregen wie zuletzt am Donnerstag will Hamburgs städtischer Wasserversorger bis 2027 rund 1,4 Mrd. Euro in die Infrastruktur stecken. Rund eine Milliarde Euro entfalle dabei auf den Bereich Abwasser mit seinen Anlagen und dem Sielnetz, rund 400 Mio. Euro würden ins Trinkwassernetz gesteckt, sagte die kaufmännische Geschäftsführerin von Hamburg Wasser, Gesine Strohmeyer, am Freitag.

Erst am Donnerstag gab es in Hamburg ein Unwetter mit extremem Starkregen und Überschwemmungen. So seien etwa im Stadtpark innerhalb von zwei Stunden und 40 Minuten 60 Liter Wasser pro Quadratmeter niedergegangen, «aber vor allem, das ist das Dramatische, 47 Liter innerhalb von nur 20 Minuten», sagte Ingo Hannemann, Sprecher der Geschäftsführung von Hamburg Wasser. Damit sei fast die Intensität der Regenfälle im Ahrtal vor rund drei Jahren erreicht worden. Hamburg sei aber glimpflich davongekommen.

Mehr als 110 Mio. Euro Gewinn

Im vergangenen Jahr verdiente Hamburg Wasser überraschend gut. Bei einem Umsatz von knapp 630 Mio. Euro erwirtschaftete das Unternehmen einen Überschuss von fast 110 Mio. Euro, wie Strohmeyer sagte. Das sei ein Plus von rund zwölf Prozent.

Grund für den deutlich gestiegenen Ertrag seien unter anderem strukturelle Einsparungen und verschobene Projekte, vor allem aber gesunkene Rückstellungen aufgrund gestiegener Zinsen. Während der Gewinn aus dem Trinkwasserverkauf in Höhe von knapp 44 Mio. Euro an die Stadt fließe, gehe der Überschuss aus dem Abwassergeschäft in Höhe von gut 65 Mio. Euro in die Rücklagen.

Pro-Kopf-Verbrauch sinkt auf 106 Liter pro Tag

Der Wasserverbrauch in Hamburg sank den Angaben zufolge im vergangenen Jahr um rund eine Million Kubikmeter auf 114 Millionen Kubikmeter. Der Pro-Kopf-Verbrauch der rund 2,2 Millionen mit Wasser versorgten Menschen sank von 111 auf 106 Liter pro Tag. «Das Jahr 2023 war wieder ein sparsames Jahr», sagte Strohmeyer – und fügte an: «Es war ein Jahr, wo wir Verbrauchsrückgänge hatten, obwohl die Bevölkerung in Hamburg gewachsen ist.»

Ganz anders dagegen zeigte sich die Entwicklung beim Abwasser. So stieg die im Klärwerk behandelte Menge von rund 153 Mio. Kubikmetern auf fast 170 Mio. Kubikmeter Abwasser an. Schuld daran war das Wetter. «Es war tatsächlich der enorme Regen», sagte Strohmeyer.

Bau von Ersatzkanälen für Sanierung des Sielnetzes

Das Hamburger Trinkwassernetz ist den Angaben zufolge gut 5.300 Kilometer lang, das Sielnetz etwa 6.000 Kilometer. Laut Hannemann müssen rund 250 Kilometer der rund 120 Jahren alten gemauerten Stammsiele punktuell saniert werden. Damit das möglich ist, seien in den vergangenen Jahren bereits Ersatzkanäle gebaut worden.

Denn «anders als es im Straßenverkehr der Fall ist, können wir unsere Abwassersiele nicht einfach komplett sperren, um daran zu arbeiten», sagte Hannemann. Langfristig sei dann ein Parallelbetrieb geplant. Damit erhöhe sich die Netzkapazität um bis zu 9.000 Kubikmeter – so viel, wie in 30.000 handelsübliche Regentonnen passe.

Modernisierung des Pumpwerks

Hamburgs Kanalisation wird dann künftig nicht nur mehr Wasser aufnehmen können, sondern es auch effizienter zum Klärwerk transportieren. Dafür sorgt die Modernisierung des Pumpwerks Hafenstraße. „Die Bauwerke aus den 1950er und 1960er Jahren werden für gut 110 Mio. Euro bis 2029 grundsaniert und erweitert“, sagte Hannemann.

Im Endausbau pumpt das Werk zusammen mit dem Transportsiel Altona 9.000 Liter pro Sekunde in Richtung Klärwerk. Im Zuge der Arbeiten saniert der Versorger an der Hafenstraße zudem eine Druckrohrleitung, einen Regenauslass und erneuert Rechen- und Sandfänge des Bauwerks.

Pilotprojekt für „Climate Informed Engineering“

Zusätzlich plant Hamburg Wasser, den Pumpwerkkomplex zukünftig vollständig mit regenerativen Energien zu versorgen. Dazu realisiert das Unternehmen eine Wärmerückgewinnung aus Abwasser durch den Einbau von fünf Wärmetauschern an der Hauptpumpenleitung. In Verbindung mit einer Wärmepumpe kann die gewonnene Energie nicht nur den Wärmebedarf des Pumpwerks von etwa 200 Megawattstunden pro Jahr vollständig decken, sondern auch andere Wärmeabnehmer auf dem Gelände versorgen.
 
Für die Erstellung des Sanierungskonzepts hat Hamburg wissenschaftliches Know-how einbezogen, wie Hannemann erläuterte: „Wir möchten mit dem Pumpwerk den Nachweis erbringen, dass es in stark verdichteten Quartieren möglich ist, wassersensibel zu bauen und Klimafolgen zu antizipieren.“

Das neue, klimaresilientes Pumpwerk berücksichtige Erkenntnisse der TU Hamburg und sei ein Pilot für das sogenannte Climate Informed Engineering. Pumpwerksgebäude und -gelände werden größtenteils kein Regenwasser in die Kanalisation leiten, stattdessen soll das Wasser an Ort und Stelle verbleiben und dort zur Bewässerung der begrünten Fassaden genutzt werden.

Finanzierungs- und Nachhaltigkeitsstrategie aus einem Guss

„Zwischen 2023 und 2027 planen wir Investitionen in Höhe von gut 1,4 Mrd. Euro“, prognostizierte Strohmeyer. Um die Finanzierungskraft zu stärken und das Finanzierungsportfolio zu erweitern, hat Hamburg Wasser ein Green Finance Framework erarbeitet. Dieses Rahmenwerk regelt die Bedingungen für grüne Finanzierungen.

„Wir möchten, dass unsere Nachhaltigkeitsstrategie und unsere Finanzierungsstrategie Hand in Hand gehen. Mit dem grünen Rahmenwerk bieten wir bestehenden und neuen Investoren die Möglichkeit, uns bei unseren Projekten zu unterstützen und damit echten Umwelt- und Klimaschutz zu fördern“, sagte die kaufmännische Geschäftsführerin. (hp mit Material von dpa)