Wasser

Pilotanlage zur Wasserwiederverwendung geht an den Start

In dem Projekt in der Landwirtschaft werden die Vorschriften einer neuen EU-Verordnung angewendet und auf ihre Praxistauglichkeit überprüft.
26.07.2023

Mit gereinigtem Abwasser wird ein Versuchsfeld an der Kläranlage Uebigau in Brandenburg beregnet.

Die Wiederverwendung von gereinigtem und hygienisiertem Wasser aus Kläranlagen soll europaweit und auch in Deutschland vorangetrieben werden. Seit 26. Juni ist die EU-Verordnung 2020/741 in den Mitgliedsländern wirksam. Ziel ist, die Nutzung von Wasser zu intensivieren und den Schutz der Umwelt sowie Gesundheit von Mensch und Tier zu gewährleisten.

Im Rahmen des Projekts „Flexibility“, das vom Bundesforschungsinstitut finanziert wird, wurde nun eine Pilotanlage zur Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen in Betrieb genommen. Dafür werden zwölf Hektar Ackerland, auf denen Tierfutter produziert wird, seit 15. Juni mit Wasser beregnet, das zuvor in der Brandenburger Kläranlage Uebigau technisch aufwendig gereinigt und mittels einer UV-Anlage behandelt wurde. Bis Herbst 2024 wird die Versuchsfläche in Südbrandenburg bewässert und einem Monitoring unterzogen.

Neue Standards für die Wiederverwendung von Abwasser

Für das Projekt arbeiten das Inter 3 Institut für Ressourcenmanagement und das Umweltbundesamt (UBA) eng mit dem Herzberger Wasser- und Abwasserzweckverbands (HWAZ), der Stadt Herzberg und der Agrargenossenschaft Gräfendorf zusammen. Während die Wasserwiederverwendung zu Bewässerungszwecken in südlichen EU-Ländern, und zu Versuchszwecken auch in Deutschland, bereits seit Jahrzehnten gelebte Praxis ist, setzt die EU-Verordnung neue Standards, mit denen es bislang noch keine Erfahrungen gibt.

„Wir wollen zeigen, wie es gelingen kann, die hohen Mindestanforderungen an die Wasserqualität und die geforderte Überwachung sowie Risikobewertung einzuhalten“, beschreibt Shahrooz Mohajeri, Projektleiter bei Inter 3, die Aufgabe. „Denn dann eröffnet die Wasserwiederverwendung Landwirten neue Möglichkeiten, ihre Abhängigkeit von lokalen Niederschlägen zu verringern und mit sicher verfügbarem Wasser wirtschaftlich noch interessantere landwirtschaftliche Produkte zu produzieren.“

Ziele des Projekts

Die Pilotanlage besteht aus einer UV-Desinfektion, einer Bewässerungstechnik nach landwirtschaftlicher Praxis und der nötigen Druckerhöhung. Im Projekt „Flexibility“ sollen  praktische Erfahrungswerte hinsichtlich der Bewertung der Hygienisierungstechnik für den Anwendungsfall „Bewässerung landwirtschaftlicher Tierfutterprodukte“, des Aufbaus eines praktikablen Monitoringsystems sowie der Entwicklung eines praxisorientierten Risikomanagementplans für diesen Anwendungsfall entwickelt werden.

Während die UV-Desinfektion auf dem Kläranlagengelände des HWAZ stattfindet, ist für den Betrieb der Bewässerungsanlage die Agrargenossenschaft Gräfendorf als Pächterin der landwirtschaftlichen Versuchsfläche eingebunden. Zusätzlich werden zwei weitere Versuchsflächen mit dem hygienisierten Wasser bewässert: eine Grünfläche auf dem Betriebsgelände der Kläranlage stellvertretend für städtische Grünflächen sowie Teile eines kleinen Waldstücks zur Beförderung eines klimaresilienten Waldumbaus.

Landwirtschaft beklagt Ernteausfülle

Dass die Wasserwiederverwendung ein wichtiger Baustein in der Klimaanpassung werden sollte, verdeutlichen auch in diesem Jahr die sich intensivierenden Trockenphasen: Angesichts des ausbleibenden Regens rechnen Landwirte im südlichen Brandenburg erneut mit teils erheblichen Ernteausfällen.

Die mit „Flexibility“ gewonnenen Daten zur Hygienisierung und Wiederverwendung gereinigten Abwassers können eine wichtige Grundlage für die Konkretisierung von Umsetzungsregeln zur Wasserwiederverwendung in Deutschland bilden und somit über die Region hinaus wirksam werden. Sollten sich bei den Versuchen keine grundlegenden Risiken zeigen, kann über die Bewässerung weiterer Pflanzen wie z.B. Soja nachgedacht werden. (hp)