Gas

Gaspreissturz mitten im Winter – und eine verblüffende Einspeicherserie

Einmal mehr lindert mildes Wetter Sorgen um die deutsche Gasversorgung. Die Bundesnetzagentur verweist jedoch auf ein Restrisiko, das weiterhin besteht.
02.01.2024

Auch der einzige Gasspeicher Mecklenburg-Vorpommerns in Kraak, betrieben vom Hansewerk, ist mit 83 Prozent weiterhin gut gefüllt.

General Winter meint es offenbar das zweite Jahr hintereinander gut mit der deutschen Gaswirtschaft. Angst vor Versorgungsengpässen müssen Lieferanten und Verbraucher jedenfalls derzeit nicht haben. Im Gegenteil.

Angesichts einmal mehr milder Temperaturen und geringen Verbrauchs um die Jahreswende weiß so mancher Händler offenbar gar nicht mehr wohin mit dem vielen Gas. So wurde in den letzten neun Dezembertagen durchgehend netto in die deutschen Gasspeicher eingelagert – wenn auch nur in geringfügigen Mengen. Maximal waren es 0,2 Prozentpunkte pro Tag, wie aus Daten der Transparenzplattform AGSI hervorgeht.

Gasspeicher voller als Anfang 2023

Am 1. Januar lag der durchschnittliche Füllstand bei 91 Prozent. Damit steht Deutschland übrigens noch besser da als im vergangenen Jahr. Damals befanden sich 224 Terawattstunden (TWh) Gas in Deutschlands Speichern. Jetzt sind es 232 TWh.

Wenn das Angebot hoch und die Nachfrage gering ist, purzeln üblicherweise die Preise. Und tatsächlich fielen die Spotmarktpreise für die Megawattstunde (MWh) Gas zum Jahresende auf weniger als 30 Euro. Betrachtet wurde der Day-Ahead-Tagespreis für den Handelsplatz TTF, wie ihn die Kurzfristbörse Epex Spot anzeigt.

Januar 2025 teuerstes Monatsprodukt

Auch auf der Terminkurve ging es deutlich nach unten. Das Band für den Liefermonat Februar kostete auf dem Handelsplatz TTF am Dienstagnachmittag 31 Euro pro MWh. Am teuersten war das Monatsprodukt Januar 2025, das bei 37 Euro notierte.

Zum Vergleich: Im Oktober hatten Händler für den Liefermonat Februar 2024 noch nahezu 60 Euro pro MWh hinlegen müssen. In der Spitze waren es im August 2022 sogar knapp 280 Euro pro MWh gewesen.

Spotpreise könnten noch weiter sinken

Dabei könnte es an einzelnen Tagen sogar noch weiter nach unten gehen, wenn das milde Wetter anhält. Sollte sich dies im Januar fortsetzen, könnten die Spotpreise auf "zeitweise 20 Euro pro MWh sinken", schrieb ZfK-Gaskolumnist Joachim Endress in seiner Jahresabschlusskolumne 2023. "Für das gesamte 1. Quartal prognostizieren wir einen durchschnittlichen Spotpreis von 32 Euro pro MWh."

Die Bundesnetzagentur schätzt die Gefahr einer angespannten Gasversorgung in einem "normal kalten Winter" mittlerweile als gering ein. Und doch will sie noch nicht gänzlich Entwarnung geben. "Bei einem Stopp der verbleibenden russischen Gaslieferungen nach Südosteuropa müssten diese Staaten in einer Mangellage über Deutschland mitversorgt werden", schreibt sie auf ihrer Internetseite. "Ein sparsamer Gasverbrauch bleibt daher wichtig."

Risikofaktor Russland

Tatsächlich ist Europa weiterhin in hohem Maße von russischem Gas abhängig. So machte der russische Anteil in den vergangenen Monaten bis zu 90 Prozent des österreichischen Gasmixes aus. (Die ZfK berichtete.)

Die Alpenrepublik wird wie eine Reihe anderer Staaten in Mittel-, Ost- und Südosteuropa vorwiegend über die ukrainische Transitroute versorgt. Diese soll laut Vertrag Ende 2024 für russische Gasexporte geschlossen werden. (aba)

Gasmarktexperte Joachim Endress schreibt für die ZfK eine wöchentliche Kolumne. Thema des vorangegangenen Artikels: "Gasmarkt: Warum die Spotpreise noch weiter sinken könnten"

Info: Täglich aktualisierte Energiemarktdaten und -grafiken finden Sie hier im ZfK-Datenraum, der in Kooperation mit dem Berliner Datenspezialisten Energy Brainpool befüllt wird.