ÖPNV

S-Bahn erkennt Hindernisse eigenständig

Im Berliner Nahverkehr wird ein neues Assistenzsystem getestet, das Unfälle verhindern soll. Fernziel ist der automatisierte Betrieb.
12.07.2024

Mit "LiDAR" und Kameras überwacht das System, ob sich Hindernisse auf der Strecke befinden.

Siemens Mobility testet zusammen mit der S-Bahn Berlin erstmalig ein digitales Hinderniserkennungssystem. An bis zu zehn Berliner S-Bahnen werden die Sensoren eingebaut und im regulären Fahrbetrieb auf Herz und Nieren geprüft. Hinderniserkennung mit digitalen Sensoren gilt als ein zentraler Technologiebaustein für das künftige, vollautomatisierte Fahren.

Das Projekt hat mehrere Ziele. Es geht zu einen darum, die Leistungsfähigkeit des Systems im täglichen Betrieb bei unterschiedlichen Witterungs- und Streckenbedingungen zu bewerten. Außerdem sollen Erkenntnisse gewonnen werden, wie solche Systeme weiterentwickelt werden können. Schließlich probieren die Projektteilnehmer aus, wo sie das System am besten am Fahrzeug positionieren.

Die Fahrer von Routineaufgaben entlasten

Solche Hinderniserkennungssysteme sollen den Fahrern dabei helfen, Unfälle zu vermeiden und sie von Routinevorgängen entlasten. Damit stabilisieren sie den täglichen S-Bahn-Betrieb und steigern die Pünktlichkeit. Nach Siemens-Angaben können sich Fahrzeuge mit diesen Systemen selbsttätig auf- und abrüsten, stellen den energieoptimierten Fahrbetrieb sicher, reagieren sicher auf Hindernisse im Gleis und können sich vollautomatisiert im Depotbereich bewegen.

Am Projekt sind mehrere Partner beteiligt. Siemens Mobility liefert Einbauanleitung, Sensoren, Hardware, Software und digitale Karten, die S-Bahn Berlin stellt das Fahrzeug und kümmert sich um Einbau und Betrieb des Systems. Zu den Aufgaben von Digitale Schiene Deutschland/DB InfraGo gehört ebenfalls die digitale Karte sowie eine offene Datenplattform. Die Ergebnisse schließlich werden gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg ausgewertet.

Zentimetergenaue Karte

Technisch kommen leistungsfähige LiDARe (Light Detection and Ranging: optische Fernerkundungstechnik mittels Laserlicht) für den Nah- und Fernbereich und verschiedene Kameras zum Einsatz, die auch den Infrarot-Bereich abdecken. Über eine digitale Karte wird die Position des Zuges mit der Position der erkannten Objekte permanent abgeglichen. Auf dieser Basis kann entschieden werden, ob gewarnt oder gebremst werden soll. Zum ersten Mal kommt dafür eine neu entwickelte Karte von DB InfraGo zum Einsatz, die die Realität zentimetergenau in 3D abbildet.

Ausgewählte Daten aus dem täglichen Betrieb mit Hindernissen im Gleis werden anonymisiert zentral bereitgestellt. Sie können künftig zu Forschungszwecken – etwa zum Training von KI-Modellen oder zur Systemvalidierung – eingesetzt werden.

Nach einer einjährigen Testphase über alle Jahreszeiten hinweg soll das Assistenzsystem anschließend auch bereit für den Einsatz als Notbrems-Assistenzsystem sein. Mit den darüber hinaus gesammelten Daten werde es dann möglich sein, das System in Verbindung mit weiteren Automatisierungs­komponenten für das fahrerlose Fahren bei niedrigen Geschwindigkeiten einzusetzen. Das könnte etwa im Depot oder beim Ab- und Bereitstellen von Fahrzeugen genutzt werden. (wa)