Recht & Regulierung

Verspätete Strom- und Gasbrechnungen: Verbraucherschützer klagen erfolgreich gegen EWE

EWE kann noch Revision einlegen. Für die betroffenen Fernwärmeverträge hat das Gericht die Klage hingegen abgewiesen. Die Verbraucherschützer fordern hier nun gesetzliche Nachbesserungen.
04.06.2024

Viele Verbraucherinnen und Verbraucher hatten ihre Jahres- und Schlussrechnungen für Energie von EWE nicht fristgerecht erhalten - aufgrund technischer Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Preisbresmen mussten sie teils mehrere Monate warten.

Der Energieversorger EWE ist verpflichtet, verzögerte Abrechnungen zukünftig zu unterlassen. Sowohl Jahres- als auch Schlussrechnungen für Strom- und Gas außerhalb der Grundversorgung sind zukünftig spätestens sechs Wochen nach Ende des Abrechnungszeitraums zu erstellen. 

Diese rechtliche Frist aus dem Energiewirtschaftsgesetz hat das Landgericht Oldenburg in einem vielbeachteten Urteil bestätigt. Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, EWE hat jetzt einen Monat Zeit, um Berufung einzulegen. "Wir warten die schriftliche Begründung ab und werden das Urteil und weitere mögliche rechtliche Schritte entsprechend prüfen", teilte ein EWE-Sprecher auf Anfrage mit.
 

VZ Niedersachsen: "Urteil stärkt die Verbraucherrechte"

Hintergrund für die Klage waren laut VZ Niedersachsen zahlreiche Kundenbeschwerden, weil die Betroffenen ein halbes Jahr oder länger auf ihre Energierechnung sowie die Auszahlung vorhandener Guthaben warten mussten.

"Das Urteil zeigt, dass sich die Energieversorger an die gesetzliche Frist halten müssen. Für Verbraucher:innen, die Kund:innen bei EWE sind, stärkt es die Rechte, soweit das Urteil rechtskräftig wird, dahingehend, dass EWE durch das angedrohte Ordnungsgeld angehalten ist, die gesetzliche Frist für die Erstellung der Jahres- und Schlussrechnungen einzuhalten", erklärte René Zietlow-Zahl, Referent Energierecht bei der VZ Niedersachsen auf Anfrage. Zudem sorgten derartige Urteile für entsprechende Rechtsfortbildung. 

EWE begründet Verzögerungen mit Umsetzung der Preisbremsen

Zu der teilweisen Verzögerung der Abrechnungen sei es nur aufgrund der eingeführten staatlichen Maßnahmen gekommen, hält dem der EWE-Sprecher entgegen. Gemeint ist die Einführung und Umsetzung der Preisbremsen.

"Auch weisen wir den Vorwurf der Verbraucherzentrale zurück, dass Kundinnen und Kunden aufgrund verspäteter Abrechnungen nicht den Anbieter wechseln können", heißt es weiter. Da die Abrechnung immer nach Vertragsende erstellt werde und die Kündigung vorher fristgerecht eingegangen sein müsse, gehe dieser Vorwurf vollkommen an der Realität der Verbraucherinnen und Verbraucher vorbei.

EWE hatte Unterlassungserklärung abgelehnt

Die Verbraucherschützer hatten im Herbst vergangenen Jahres bereits den Energieversorger zur Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung aufgefordert. EWE hatte dies damals unter anderem mit den unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen mit Blick über eine Beendigung oder Forführung der Energiepreisbremsen begründet.

"Wir bedauern, dass keine gütliche Einigung im Vorfeld möglich war und die Verbraucherzentrale letztlich den Rechtsweg bestritten hat", stellte der EWE-Sprecher klar. EWE und die Verbraucherzentrale stimmten darin überein, dass den Verbraucherinnen und Verbrauchern kein Schaden aus den verspätet erstellten Abrechnungen entstehen soll.

Unterschiedliche Einschätzungen zu Entschuldigungszahlungen

Daher habe EWE auch bundesweit als einziges Unternehmen den betroffenen Kundinnen und Kunden, die auf die Auszahlung eines Guthabens länger als gewohnt warten mussten, eine Entschuldigungszahlung ausgezahlt.

Diese Entschädigungszahlungen hätten aber nicht bewirkt, dass eine rechtlich eindeutige Klärung herbeigeführt werde, argumentiert die Verbraucherzentrale Niedersachsen. Zudem seien unter anderem die Entschädigungszahlungen lediglich an Bestandskund:innen von EWE gezahlt worden.

Verbraucher:innen, die bei EWE gekündigt hätten und sehr lange auf ihre Abschlussrechnung, und damit zum Teil auch auf ihre Nachzahlungen, warten mussten, sei eine Entschädigung nicht angeboten worden. (hoe)